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FDP-Chef Guido Westerwelle und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen ihre Koalition nicht aufgeben.

Foto: Reuters/Bensch

Am Sonntag hatte Angela Merkel wieder ein paar nette Stunden. Nachmittags schipperte die deutsche Kanzlerin mit dem norwegischen Kronprinzenpaar Hakon und Mette-Marit vor Rügen herum. Den Abend versüßte ihr der 4:0-Sieg der Deutschen gegen Australien bei der Fußball-WM.

Doch am Montag blies Merkel wieder scharfer Wind ins Gesicht. SPD und Grüne fordern angesichts des desaströsen Zustands von Schwarz-Gelb Neuwahlen. "Diese Regierung ist gescheitert, und wenn die das einsehen, wäre eine vorgezogene Bundestagswahl der sauberste Weg" , sagt SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Der Spiegel zeigt auf dem Titel Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) mit Frustmiene. Darüber prangt nur ein Wort: "Aufhören!"

Doch daran denken weder Merkel noch Westerwelle. "Gehen Sie fest davon aus, dass alle Mitglieder der Bundesregierung um ihre Verantwortung wissen" , lässt Merkel Regierungssprecher Christoph Steegmans Gerüchte dementieren, wonach sie bald im Bundestag die Vertrauensfrage stellen werde. Auch Westerwelle beteuert: "Diese Koalition hat eine klare Mehrheit und einen ebenso klaren Regierungsauftrag. Den werden wir erfüllen."

Allerdings gelingt es derzeit weder Merkel noch Westerwelle, auch nur einen der zahlreichen Brandherde in der Koalition zu löschen. Die FDP ist empört, dass führende CDU-Politiker wie Bundestagspräsident Norbert Lammert die Sparbeschlüsse infrage stellen und laut über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes nachdenken. In den Augen der Liberalen ein Affront - träumen vielen von ihnen doch sogar immer noch von Steuersenkung.

FDP liebäugelt mit Gauck

Umgekehrt ist die Union sauer, dass die FDP sich nicht geschlossen hinter den gemeinsamen schwarz-gelben Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl stellt. So will die FDP-Fraktion in Sachsen ihren Wahlleuten freistellen, ob sie für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) oder den von Rot-Grün nominierten Kandidaten, DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, stimmen. Der Bremer FDP-Chef Oliver Möllenstädt erklärte, er werde Gauck wählen.

Zudem gibt es Gerüchte, wonach Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) an Rücktritt denkt. Er fühlt sich bei seinem Versuch, die Wehrpflicht zu kippen, nicht genug von der CDU unterstützt. Außerdem ärgert ihn ein Gutachten, das das Kanzleramt ohne sein Wissen anfertigen ließ. Innen- und Justizministerium sollten prüfen, ob es im U-Ausschuss des Bundestags, der die Bombardierung zweier Tanklaster in Afghanistan untersucht, zu einer Gegenüberstellung Guttenbergs mit Ex-Spitzenmilitärs seines Hauses kommen könnte.

Am Mittwoch steht für Merkel der nächste schwierige Termin an: Horst Köhler wird mit dem großen Zapfenstreich als Bundespräsident verabschiedet. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 15.6.2010)