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Leitl hält die Abschaffung der Bezirks- und Landesschulräte für eine gute Idee. Erneut sprach er sich für eine Steuer auf "spekulative Geschäfte" von Banken aus.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Christoph Leitl, Wirtschaftskammerpräsident und Chef des VP-Wirtschaftsbundes, hat sich am Sonntag erneut gegen eine Diskussion über Steuererhöhungen ausgesprochen und im Gegenzug forcierte Einsparungen im Verwaltungs- und Gesundheitsbereich gefordert. Bei der von der Wirtschaftskammer angeregten Kürzung von Förderungen kann sich die Wirtschaftskammer in "ihrem" Bereich die Einstellung der Lehrlingsförderungen vorstellen.

"Ich halte nichts von einer Steuerdiskussion, weil sie nicht notwendig ist", meinte der VP-Politiker in der "ORF-Pressestunde" mit Blick auf den Koalitionspartner SPÖ.

nur "spekulative Geschäfte" der Banken besteuern

Die österreichischen Banken bezeichnete Leitl als "Mitgefangene" des Finanzsystems. Er sprach sich erneut für die Besteuerung nur ihrer spekulativen Geschäfte - notfalls auch im nationalen Alleingang aus. Bei Massensteuern wie der Mineralölsteuer (MöSt.) müsse bei einzelnen Erhöhungen das gesamte Steueraufkommen neutral sein: "Wenn es darum geht, im Gegenzug den Faktor Arbeit zu entlasten - wunderbar! Aber nicht, wenn es nur ums Abkassieren geht."

Leitl trat für Milliardeneinsparungen im öffentlichen Bereich ein, kritisierte aber, dass in diesem Bereich immer nur punktuell diskutiert werde - man benötige ein Gesamtkonzept, das im Herbst von einer Art "Konklave" mit Politikern, Wissenschaftlern und Sozialpartnern beschlossen werden solle, sagte er.

"Abschaffung der Bezirks- und Landesschulräte"

Die Abschaffung der Bezirks- und Landesschulräte hält der WKÖ-Präsident beispielhaft aber für eine gute Idee - ebenso wie übrigens die die Vereinheitlichung der bundesländerweise unterschiedlichen Bauordnungen. Dieses könne er zwar nicht selbst ändern - "aber Föderalismus darf nicht heißen an Überkommenem festzuhalten." Mit allzu konkreten Beispielen in Sachen Verwaltungsreform hielt sich Leitl aber zurück. Gefragt, ob er etwa für die Abschaffung oder Zusammenlegung von Bezirkshauptmannschaften sei, wollte sich der Präsident nicht festlegen. Allerdings: "Alle Varianten der staatlichen Aufgabenteilung müssen von Grund auf neu durchdacht werden.

"von üppig angebotener Lehrlingsförderung verabschieden"

Die Wirtschaftskammer, die selbst die Kürzung von Förderungen in Höhe von mehr als 850 Mio. Euro in die Diskussion geworfen hatte, wäre beim Subventionsabbau bereit, sich von der aktuell "üppig angebotenen" Lehrlingsförderung zu verabschieden. Begründet wurde dies von Leitl mit dem zu erwartenden demographischen Knick sowie der Notwendigkeit, dass sich die Betriebe künftig ohnedies verstärkt um die Ausbildung ihres Fachkräftenachwuchses kümmern müssten.

Vorschlag: ÖBB und Schweizer Bahn als "strategische Partner"

Leitl kann dem Vorschlag von Wifo-Chef Karl Aiginger, weiter Privatisierungen vorzunehmen viel abgewinnen. Speziell im Energiebereich könnte die öffentliche Hand auf eine Sperrminorität zurückgehen, meinte er. In dem Zusammenhang warf er auch ein Zusammengehen von teilen der ÖBB mit der Schweizer Bundesbahn (SBB) als "strategischem Partner" in die Diskussion. Die Abfertigung von erfolglosen Staatsmanagern bezeichnete er als "Skandal".

Kritik an Leitl von SPÖ und Opposition

Kritik an den Äußerungen von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl in der heutigen ORF-"Pressestunde" haben sowohl SPÖ als auch Gewerkschaftsbund und die Oppositionsparteien geübt. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter zeigte sich wie auch ÖGB und Grüne über Leitls Abneigung gegenüber einer Steuerdiskussion verärgert. Die FPÖ befürchtet, dass Leitl den Mittelstand belasten wolle und das BZÖ ortete in Leitls Sparvorschlägen "reine Lippenbekenntnisse".

ÖGB: "Man braucht sehrwohl neue Einnahmequellen fürs Budget"

ÖGB-Präsident Erich Foglar erklärte, man brauche "sehr wohl auch neue Einnahmequellen fürs Budget und ein gerechteres Steuersystem". Während die Arbeitnehmer "einen Großteil zur Finanzierung des Staates beitragen", gebe es immer noch Steuerprivilegien für Unternehmen und Reiche. Die "österreichische Version der Gruppenbesteuerung" würde lediglich dazu dienen, dem Staat Einnahmen vorzuenthalten. (APA)