Seine der Schwerkraft widerstrebende Eigenschaft musste der Schleudersitz nie unter Beweis stellen. Heute dient das ausrangierte Möbel als Ort der Kontemplation. (Foto: Lisi Specht)

Foto: Lisi Specht

Der ehemalige ORF-Wettermann Carl Michael Belcredi ist ein Freund der alten Schönheit. Wojciech Czaja besuchte ihn in seiner sanierten Wiener Villa.

"Der Schleudersitz ist eines meiner Lieblingsstücke im ganzen Haus. Ich war ja jahrelang als Pilot tätig, und fragen Sie mich nicht warum, aber ich habe ein Leben lang davon geträumt, eines Tages so einen Schleudersitz zu besitzen. Das Problem an der Sache ist natürlich, dass man so etwas nicht einfach mir nichts, dir nichts irgendwo kaufen kann.

Jedenfalls komme ich eines Tages nach Hause, und vor der Tür steht ein riesiges Trumm von einem Paket, das so schwer ist, dass man es kaum bewegen kann. Freunde von mir haben den Sitz irgendwo ausfindig gemacht und haben beschlossen, ihn mir zu schenken. Der ist aus einem amerikanischen Jagdflugzeug von Lockheed, das inzwischen längst ausgemustert ist. Auf der Überprüfungsplakette steht die Jahreszahl 1973.

Mich persönlich fasziniert das Ding ungemein. Manchmal setz ich mich da rein, beginne auf der Trompete, besser gesagt auf dem Kornett an einem Blues herumzubasteln oder schau einfach an die Decke und verfalle in beschauliche Kontemplation.

Ich war schon als Bub ein Meister im Luftschlösserbauen. Wenn man in seinem Leben so viel geflogen ist wie ich, dann geht das auch als Erwachsener noch ganz spielerisch. Dort oben warten die Wolken wie Freunde. Für mich ist es wichtig, dass man das Ende eines Raumes nicht so empfindet, sondern dass der Raum hinter der Ecke immer irgendwie weitergeht.

Hier im Atelier habe ich beispielsweise diesen abgeteilten Badebereich. Die Wand in Form einer Welle – sie ist mit indischer Nuss verkleidet – reicht nicht bis zur Decke, sondern ist so hoch, dass man beim Duschen noch drüberschauen und in den Raum hineinblicken kann. Für manche Leute mag das ein unwichtiges Detail sein, aber für mich ist diese Raumaufteilung essenziell. Christian Heiss, der Architekt, der den Umbau geplant und durchgeführt hat, hat auf Anhieb kapiert, worum es mir geht. Er hat ein tolles Gespür für Räume und Dimensionen und hat unsere Vorstellungen großartig umgesetzt.

Das Haus ist fast hundert Jahre alt, gehörte einst dem Stift Klosterneuburg und diente der Verwaltung. Später wurde es recht hemdsärmelig umgebaut und verkam zu einer Rattenburg. Die schöne Bausubstanz wurde völlig verhunzt. Meine Frau hat das Objekt gekauft, weil ihr die Fenster so gut gefallen haben, und ließ den alten Charme wieder aufleben. Mittlerweile wohnen wir hier seit fünf Jahren.

Das Atelier im Dachgeschoß ist modern gestaltet. Ansonsten sieht man dem Haus nicht an, dass es eigentlich völlig auseinandergenommen und komplett revitalisiert wurde. Der Architekt hat immer gesagt: Wir bauen das Haus so um, dass die alte Schönheit wiederaufersteht und dass man am Ende das Gefühl hat, dass es immer so ausgesehen hat.

Und das ist gelungen. Die unteren Geschoße sind sehr klassisch. Meine Frau hat einen wunderbaren Geschmack. Sie hat die Teppiche, die Tapeten, die Beleuchtung, die gesamte Möblierung zusammengestellt. Wenn man im Esszimmer sitzt und an die Wand schaut, hat man das Gefühl, in einem fantastischen Garten zu sein. An den Wänden wachsen Gräser und Blätter, ab und zu sitzt ein märchenhafter Vogel darauf. Das macht gute Laune.

Im unsichtbaren Bereich ist alles hochmodern. Im Mauerwerk ist eine Wandheizung installiert, die mit Brunnenwasser von unserem Grundstück gespeist wird. Auf diese Weise sind die Wände immer gleichmäßig warm oder kalt. Nur das Bilderaufhängen ist ein heikles Geschäft, denn überall sind Wasserleitungen drin. Darauf muss man halt Rücksicht nehmen. Einige Bilder stehen daher immer noch auf dem Boden. Aber so ist das Leben. Alles ist im Prozess." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.6.2010)