Brüssel/Wien - Österreichische Politiker überschlagen sich derzeit vor Begeisterung, wenn es um die von der EU-Kommission geplante Neuregelung bei der Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut geht. Von "Österreich war Eisbrecher" (Umweltminister Nikolaus Berlakovich, ÖVP) über "das ist Oberösterreichs Kurs" (OÖ-Landesrat Landesrat Rudi Anschober von den Grünen) sehen sie sich als Geburtshelfer für die Neuregelung bei beim Gentechnik-Verbot.

Am 13. Juli soll die EU-Kommission die Verantwortung für Gentechnik ja oder nein an die Mitgliedsstaaten zurückgeben. Damit wird der österreichische Kurs, der immer ein generelles Verbot von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO-Pflanzen) vorgesehen hat, bestätigt. Lange Jahre war dem nicht so: Die Kommission stand auf dem (rechtlich richtigen) Standpunkt, dass sich jedes EU-Mitglied den Kommissionsentscheidungen zu unterwerfen hat und hatte immer wieder GVO-Pflanzen zum Anbau zugelassen.

Künftig können EU-Staaten und Regionen beschließen, keine GVO-Pflanzen anzubauen, auch wenn sie in der EU genehmigt sind. Kenner der Materie meinen, dass dieser Kommissionsschwenk aufgrund des Drucks von Gentechnikgroßmächten wie den USA durchgeführt wurde, die sich auf dem EU-Markt nicht recht breitmachen konnten. Strikte Koexistenzregeln (etwa in Grenzgebieten) müssen nun ausformuliert werden. (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.6.2010)