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160 Millionen Euro bringt das Gesetz dem ORF extra aus Bundesanteilen an ORF-Gebühren, definiert als Abgeltung von Gebührenbefreiungen. 2010 und 2011 erhält der ORF je 50, dann zweimal 30 Millionen. Bedingungen dafür siehe > Behinderungen, Eigenproduktionen, Filmförderung, Infokanal, Radiosymphonieorchester und Sparpakete, die teils überwacht von der > Medienbehörde.

Behinderungen Der ORF muss laut neuem Gesetz Untertitel und Audiokommentar ausbauen.

Direktoren Statt bis zu sechs ORF-Direktoren unter dem General höchstens vier. Varianten: ein statt zwei TV-Direktoren, Online zum Radiodirektor, Technik zum Finanzdirektor - nach Bedarf an Jobs für Parteien und Stimmen der Betriebsräte bei ORF-Wahl 2011.

Eigenproduktionen (Film/Serie, mit Ko- und Auftragsproduktion) muss der ORF für die 160 Millionen "kontinuierlich" erhöhen. ORF-Chef Alexander Wrabetz sprach von heuer 95 Millionen Euro für Produktionsaufträge.

Filmförderung Der ORF muss weiterhin Kinofilme fördern.

Frauenquote 45 Prozent aller neu besetzten ORF-Jobs für Frauen - ausgenommen Direktoren und ORF-Gremien.

Futurezone verbietet das ORF-Gesetz > Online

Gebühren Künftig alle fünf Jahre neu festgesetzt. Nächster Termin laut EU-Wettbewerbsverfahren: 2012. Ob der ORF mehr Gebühren einhebt, als er für den öffentlich-rechtlichen Auftrag braucht, checken > Medienbehörde und > Prüfungskommission. Im Extremfall kann die Behörde zu hohe Gebühren abschöpfen. Konsumenten bleibt ein Fluchtweg vor der TV-Gebühr: Wer nicht alle verfügbaren ORF-Kanäle empfangen kann (etwa mangels Decoderkarte), zahlt kein Programmentgelt.

Haushaltsabgabe Ab 2013 müssen alle deutschen Haushalte unabhängig vom Empfang TV-Gebühr zahlen. Hätte der ORF gern, bisher kein Thema in Österreich.

Info- und Kulturkanal Sparten-TV für Info und Kultur ab 2011 (statt TW1) ist Bedingung für die 160 Millionen - mehr dazu hier.

Medienbehörde Prüft nun auch den ORF (und nicht nur die Privatsender), etwa: Höhe und Verwendung der Gebühren, die Notwendigkeit neuer --> Onlinedienste (mit der Bundeswettbewerbsbehörde und großem Spielraum für den ORF) und (sehr global) die Erfüllung des öffentlichen Auftrags. Sie nimmt nun - für den Stiftungsrat nicht bindend - Stellung, ob jährliche > Sparpakete des ORF ambitioniert genug sind. Diesen Kompromiss beschlossen alle fünf Parteien Donnerstag im Verfassungsausschuss. Nachträglich kontrolliert die Behörde mit der > Prüfkommission, ob der ORF die von seinem Stiftungsrat beschlossenen Sparvorhaben umgesetzt hat. Sonst bekommt er im Folgejahr weniger extra Geld. Fünf Juristen sucht die Regierung als Behördenmitglieder aus, der Hauptausschuss des Nationalrats muss nun zustimmen. Polit-Funktionen von Behördenmitgliedern müssen mindestens vier Jahre zurückliegen, Medienjobs nun mindestens ein Jahr. Das Salär der Mitglieder wurde Donnerstag gegenüber der Regierungsvorlage um bis zu 1260 Euro brutto monatlich erhöht auf 6000 bis 7800 Euro. Um die Medienbehörde weisungsfrei zu stellen, brauchte es Oppositionsstimmen. Die FPÖ sorgte dafür.

Online ORF und Zeitungen vereinbarten Onlinebeschränkungen des ORF etwa bei sozialen Netzwerken, Spielen, Foren, aber auch Angeboten wie Futurezone und Regionalberichten. Redakteurssprecher Fritz Wendl protestiert dagegen heftig ("gefährlich und unprofessionell"). Verboten werden dem ORF im Web etwa Kleinanzeigen, Auktionen, Partnerbörsen, SMS-Dienste, Wetten.

Online-Regionalmeldungen Das ORF-Gesetz erlaubt pro Landesstudio nur noch 80 Regionalberichte pro Woche.

Onlinewerbung Soll dem ORF ab sofort drei Prozent der Gebühreneinnahmen bringen, ab 2013 dann vier Prozent und ab 2016 fünf Prozent. Derzeitiger Stand: rund 10 Millionen Euro,  entspricht rund zwei Prozent der Gebühreneinahmen. Verbot von Kombi-(Rabatt-)Angeboten TV und Web.

ORF 2 Europe Der ORF darf in seiner unverschlüsselten Satellitenvariante von ORF 2 künftig Programmlücken (weil ihm internationale Senderechte fehlen) mit anderen Programmen füllen - nicht aber mit zusätzlicher Werbung.

Postings und anderer User generated Content erfordert künftig eine Registrierung mit echtem Namen. Schreiben kann man dann allerdings weiterhin unter Nicknames.

Product-Placement Wird dem ORF nun auch in allen Sendungen "leichter Unterhaltung" grundsätzlich erlaubt. Ein weites Feld.

Produktionskostenzuschüsse darf der ORF nicht zur Bedingung etwa von Sportübertragungen machen. Das kam etwa beim Spartenkanal ORF Sport Plus, aber auch ORF 1 schon des öfteren vor. Dieses Verbot steht in einer "Ausschussfeststellung" zum Gesetz.

Prüfungskommission Die Medienbehörde beruft künftig die ORF-Wirtschaftsprüfer; der Stiftungsrat darf ihnen Aufträge erteilen.

Qualitätssicherung Das Gesetz verpflichtet den ORF-General, ein "Qualitätssicherungssystem" einzurichten, die Medienbehörde kontrolliert im Wesentlichen dessen Existenz.

Radiosymphonieorchester Ist für die 160 Millionen zu erhalten.

Sparpakete Die 160 Millionen extra muss der ORF auch nutzen, um Personal- und Sachkosten "nachhaltig" zu kürzen und seine Infrastruktur zu "optimieren" .

Sport plus, dem (gebührenfinanzierten) ORF-Sportspartenkanal, verbietet das Gesetz aktuelle Übertragung von Premiumsportarten, konkret nennt es Fußball-Profiligen, Ski-Weltcups/Weltmeisterschaften, Formel 1. Erst nach "angemessenem Zeitabstand" zur Austragung darf der Spartenkanal solche Bewerbe zeigen.

TV-Rechte Der ORF darf keine Rechte mit Gebühren zu überhöhten Preisen kaufen - und keine Sportrechte kaufen, ohne sie auszustrahlen.

TV-Werbespots muss der ORF wie bisher in Werbeblöcken senden, Einzelspots sind nur als "Ausnahme" erlaubt. Neu: In Sportübertragungen werden Einzelspots generell erlaubt.

Verhaltenskodex Das neue ORF-Gesetz hält die Anstalt dazu an, mit dem Redakteursrat einen Verhaltenskodex auszuarbeiten, Publikumsrat und Stiftungsrat sollen einen Code of Conduct absegnen. Einen Verhaltenskodex gibt es nach STANDARD-Infos längst, er liegt aber vorerst bei ORF-Chef Wrabetz ab.

Werbung Verletzt der ORF Beschränkungen, kann die Behörde künftig Gewinne daraus abschöpfen. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2010, online ergänzt)