Wien/Frankfurt/Washington - Das Ambiente ist gediegen, die Gäste erlesen, doch die Botschaften stehen im Kontrast. Beim Gipfel des Weltbankenverbands IIF in der Wiener Hofburg ist der trübe Konjunkturausblick für die europäischen Volkswirtschaften das bestimmende Thema. Die Befürchtung einer "Double-Dip"-Rezession, also ein neuerliches Schrumpfen der Wirtschaft, macht bei den internationalen Financiers die Runde. "Die Wirtschaft ist schwach und die Banken nicht stark genug. Bei einer Reduktion der staatlichen Stützungen droht ein Double-Dip," warnte der bekannte US-Investor und Milliardär George Soros. "Wir öffnen mit der Staatsschuldenkrise gerade den zweiten Akt des Dramas," so Soros weiter.

Auch die Nachrichten aus Frankfurt von der Europäischen Zentralbank hellten die Stimmung in den Korridoren der Hofburg nicht auf. Die Eurozone werde 2010 und 2011 weiterhin verhalten wachsen, 2011 nur zwischen 0,2 bis 2,2 Prozent.

Für den Ökonomen Nouriel Roubini sind diese Wachstumsaussichten Grund genug, an der Zinsschraube zu drehen. Die EZB sollte den Zinssatz angesichts der akuten Schuldenkrise in den südlichen Staaten der Eurozone auf null Prozent senken und stärker als bisher Staatsanleihen kaufen, um die Haushalte von angeschlagenen Staaten zu entlasten. "Das muss der Politik-Mix sein", so der US-Ökonom bei einer Tagung in Rom.

Leitzins bleibt bei 1,0 Prozent

Doch die EZB verkündete am Donnerstag, den Zins weiter auf dem Rekordtief von einem Prozent zu belassen. Weitere Details zu den Ankaufprogrammen von Staatsanleihen sind nicht bekannt geworden.

Indes forderte in Wien Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, von den europäischen Ländern "entschiedenes Vorgehen", um die Budgetdisziplin umzusetzen. Das wäre laut der EZB "entscheidend für langfristiges Wachstum".

Abseits des offiziellen Programms und der Warnungen vor hohen Staatsschulden beim IIF-Gipfel rumorte es in den Seitengängen der Hofburg um das Thema Goldman Sachs. Das Geldinstitut sieht sich weiteren Untersuchungen wegen der Geschäftspraktiken im Immobilienbereich gegenüber. Das Institut ist bereits angeklagt, beim Verkauf einer Immobilienverbriefung Kunden in die Irre geführt zu haben und wurde zudem von einem australischen Hedgefonds verklagt. Die US-Finanzmarktaufsicht SEC (Securities Exchange Commission) prüft laut Angaben von Insidern weitere Immobilienderivate-Deals unter dem Namen Hudson. Die Aktie von Goldman Sachs hat seit der ersten Klage im April mehr als 25 Prozent an Wert eingebüßt.

Am Bankengipfel in Wien zeigen sich US-Branchenvertreter kritisch gegenüber den neuen Untersuchungen. "Die Erfolgsaussichten der Klagen sind gering", so ein amerikanischer Banker. Die Regulatoren hätten sich auf Goldman Sachs eingeschossen, fasst ein weiterer Bankier zusammen, "damit sind andere Institute aus dem Visier gekommen". (Lukas Sustala, Andreas Schnauder, DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2010)