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Allein auf weiter Flur: der türkische Botschafter Ertugrul Apakan mit seiner brasilianischen Kollegin Maria Luiza Ribeiro nach der Abstimmung im Sicherheitsrat. Beide Länder stimmten gegen die neue Iran-Resolution der Vereinten Nationen.

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Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad zeigte sich vor der Verabschiedung neuer Sanktionen uneinsichtig. Der Iran werde keine Gespräche über sein Atomprogramm mehr führen, wenn es neue Sanktionen gebe, so Ahmadi-Nejad.

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Seit vier Jahren versucht der UN-Sicherheitsrat, das iranische Regime im Atomstreit zum Einlenken zu zwingen. Am Mittwoch erhöhte das Gremium der Vereinten Nationen den Druck mit neuen Sanktionen. Der Iran will sich nicht beugen.

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Der iranische Vertreter lässt sich Zeit. Er trinkt einen Schluck Wasser, hustet, ordnet seine Notizen. "Ich habe diesen Raum noch nie so voll gesehen" , stellt Mohammed Chasai schließlich mit einem Blick in die Runde fest. "Das erinnert mich an das Fußballspiel Iran gegen die USA bei der WM 1998, als die ganze Welt zuschaute."

In einem anderen Rahmen hätte er mit dieser Bemerkung vielleicht sogar für Heiterkeit gesorgt. Aber am Amtssitz der Vereinten Nationen in New York sitzen ihm an diesem Mittwoch die Uno-Botschafter der Mitgliedsländer im Sicherheitsrat mit versteinerten Mienen gegenüber.

Soeben haben sie eine Resolution verabschiedet, die zum vierten Mal Sanktionen gegen den Iran verhängt. Zwölf der 15 Mitglieder stimmten mit Ja, darunter alle fünf Veto-Mächte, auch Russland und China. Ein Nein kam von der Türkei und Brasilien, der Libanon, dessen Vertreter von einem "schmerzhaften Scheitern der diplomatischen Bemühungen" sprach, enthielt sich der Stimme.

In seiner Statement, dem letzten der Sitzung, bleibt Chasai bei den Vergleichen. In den 1950er Jahren hätten die Briten die Nationalisierung der iranischen Öl-Industrie zu einer Gefahr für den Frieden erklärt, sagt der Iraner. Heute sei es dasselbe Spiel mit dem iranischen Atomprogramm, das ebenfalls der Autarkie in Energiefragen diene. Nach Attacken gegen die USA, Israel und den Sicherheitsrat schließt er mit den Worten: "Der Iran hat sich dem Druck niemals gebeugt und wird sich ihm niemals beugen."

Druck machen, um den Iran im Atomstreit zum Einlenken zu bewegen - das will der Uno-Sicherheitsrat mit den Sanktionen erreichen. Die Vertreter der meisten Staaten betonten in der Sitzung, man wolle eine Verhandlungslösung und fordere den Iran zum Dialog auf. Doch es wurde ebenso deutlich, dass inzwischen nicht nur die USA und die Europäer ein großes Misstrauen hegen, ob die iranischen Atomaktivitäten gänzlich friedlich sind. Der Botschafter Chinas, das enge Wirtschaftsbeziehungen zum Iran unterhält, erklärte etwa, die Resolution spiegele "die Besorgnis" der Staatengemeinschaft wieder.

Verzögert hatte sich die Abstimmung, weil die Türkei und Brasilien offenbar bis zuletzt nicht entschieden hatten, wie sie stimmen wollten - ob mit einem Nein oder einer Enthaltung.

Die beiden Länder hatten Mitte Mai mit dem Iran einen Plan ausgearbeitet, der Sanktionen ihrer Ansicht nach unnötig gemacht hätte. Der Vorschlag, der auf einem internationalen Vorstoß von Oktober 2009 beruht, sieht vor, im Austausch für 1200 kg niedrig angereicherten Urans aus dem Iran - zeitlich versetzt - Brennelemente für einen Forschungsreaktor zu liefern. Doch bereits Stunden vor der Abstimmung in New York lehnten Russland, die USAund Frankreich den Plan in einem Brief an die Internationale Atomenergiebehörde IAEO in Wien als nicht ausreichend ab.

"Der Rat ist seiner Verantwortung gerecht geworden. Jetzt sollte der Iran einen klügeren Kurs einschlagen" , erklärte die amerikanische Uno-Botschafterin Susan Rice nach der Abstimmung im Sicherheitsrat. Washington hatte gemeinsam mit den Veto-Mächten Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland ursprünglich noch schärfere Sanktionen angestrebt. Doch dagegen wehrten sich China und Russland, das ebenfalls gute wirtschaftliche Kontakte zum Iran unterhält.

Mit der Resolution werden bestehende Sanktionen stark ausgeweitet. Im Anhang des zehnseitigen Dokuments sind 40 Unternehmen und Institutionen sowie der Leiter der Iranischen Atomorganisation, Javad Rahiqi, aufgeführt, die in Zukunft mit Strafmaßnahmen rechnen müssen, darunter das Einfrieren der Auslandsvermögen und Reiseverbote. (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2010)