Wien - Angesichts des Expertenberichts über Ineffizienzen im Gesundheitssystem will die Regierung mit den Ländern nun über Strukturreformen im Spitalsbereich sprechen. Dabei gehe es um die Nutzung von Synergien, um Kooperationen und Schwerpunktbildungen, betonten die Finanzstaatssekretäre Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) nach einer Sitzung der Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform im Kanzleramt. In letzter Konsequenz halten sie aber auch die Schließung einzelner Standorte für möglich. Dass sämtliche 81 Spitäler mit weniger als 300 Betten zugesperrt werden könnten, schlossen die Staatssekretäre freilich aus.

Expertenbericht: "Überversorgung" mit teuren "Akutbetten"

Der am Mittwoch diskutierte Expertenbericht über das Gesundheits- und Pflegesystem konstatiert eine "Überversorgung" mit teuren "Akutbetten". Hier liegen Österreichs Spitäler um 70 Prozent über dem EU-Schnitt, was Mehrkosten von 2,9 Mrd. Euro verursacht. Dieses Geld sollte nach Ansicht der Experten in die günstigere Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Ärzte und in die Schaffung von Pflegeplätzen umgeschichtet werden. Außerdem kritisieren die Experten die ineffiziente kleinteilige Spitalsstruktur: 81 von 130 öffentlichen Spitälern haben weniger als 300 Betten, was gegenüber größeren Häusern zu Kostennachteilen führt.

"Landesgrenzen dürfen keine Rollen spielen"

Lopatka und Schieder wollen nun mit den Ländern über Reformen sprechen. "Es geht nicht um die Schließung von 81 Krankenanstalten", versicherte Lopatka. Der Expertenbericht habe aber gezeigt, dass durch Krankenhaus-Kooperationen Effizienzsteigerungen im dreistelligen Millionenbereich möglich seien. "Da dürfen Landesgrenzen keine Rolle spielen", so der VP-Politiker. Außerdem müsse man mit den Ländern über den Abbau von teuren "Akutbetten" sprechen. Spitalsschließungen könne es nur dann geben, wenn die Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Ärzte (etwa in Gruppenpraxen) gesichert sei.

Auch Schieder betonte, dass es ihm nicht um die Schließung von Krankenhäusern gehe. Nötig seien allerdings Kooperationen, Schwerpunktbildungen und Zusammenlegungen. Dies könne natürlich auch bedeuten, "dass zum Beispiel aus drei alten Standorten ein ökonomisch sinnvoller und qualitativ besserer neuer Standort wird". Von der Kritik aus den Ländern an seinen diesbezüglichen Aussagen vom Dienstag zeigte sich Schieder "überrascht". Schließlich gebe es in einzelnen Ländern schon entsprechende Tendenzen - etwa "Clusterbildungen" bei Kärntner Spitälern.

Moser: "Akutbetten" müssen reduziert werden

Rechnungshofpräsident Josef Moser warnte nach der Sitzung davor, die Debatte auf die Schließung von Spitalsstandorten zu reduzieren. Dies würde dazu führen, "dass man eine verkürzte Diskussion durchführt und damit eine Gesundheitsreform im Keim erstickt". Gleichzeitig betonte Moser allerdings, dass die Zahl der (wegen der hohen Infrastrukturkosten der Krankenhäuser) teuren "Akutbetten" reduziert werden müsse, um Geld für die günstigere Betreuung durch niedergelassene Ärzte und für die Pflege freizubekommen. Andernfalls drohe eine Zweiklassenmedizin. Nötig sei nun eine gemeinsame Betrachtung der drei Bereiche Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Pflege sowie eine Finanzierung des Gesundheitssystems aus einer Hand. (APA)