Wien - Bei ihrem Besuch in der Korrekturzelle für gewalttätige Erwachsene in der Justiz- anstalt Josefstadt, wo ein 17-jähriger Afrikaner einsaß, war die Jugendrichterin Beate Matschnig nicht allein. Auch eine Jugendpsychiaterin und ihr Assistent waren mit dabei - und erstatteten ihrem Chef, dem Uniklinik-Vorstand und Gerichtsgutachter Max Friedrich, Bericht.

"Der Absonderungstrakt liegt im Keller. Im Boden ist ein Pinkelloch eingelassen. Als Liegestatt für den Häftling diente eine Matratze am Bo- den. Davor stand ein Teller mit Essen". So fasst Fried- rich im Gespräch mit dem STANDARD die - schriftlich festgehaltenen - Beobachtungen seiner Mitarbeiter zusammen.

15-Jähriger m Straftrakt

Auch ein zweiter Jugendlicher - ein 15 Jahre alter Österreicher - habe sich strafweise in diesem Trakt befunden. Die Jugendpsychiaterin habe die "menschenrechtsunwürdigen Zustände" für die "besonders schutzwürdigen" Jugendlichen sofort dem Anstaltsleiter Peter Prechtl gemeldet.

Umso "ärgerlicher", sagt Friedrich, seien nun die "verfälschenden" Dementi aus dem Büro vom Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ). Im Ministerium solle man in sich gehen "und sich fragen, warum die Einzelzellen im Exjugendgefängnis Erdberg kaum gebraucht worden sind".

Ereignisse

Angesichts der Ereignisse fordert der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau jetzt die Ausweitung der Kompetenzen des Menschenrechtsbeirats auf den Justizbereich: "Wenn Jugendliche mit erwachsenen Straftätern zusammengesperrt werden und in Korrekturzellen kommen, dann ist das ein Skandal. Das muss Konsequenzen haben."

Eine wäre eben, den Beirat auch für die Supervision im Justizbereich zuständig zu machen und als unabhängiges Gremium im Parlament oder im Bundeskanzleramt zu verankern - wobei Landau das Parlament, analog zum Muster des unabhängigen Rechnungshofs, lieber wäre.

Prüfeinrichtungen gefordert

Der österreichische Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, unterstützt diesen Vorschlag: "Das in absehbarer Zeit von Österreich zu ratifizierende Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention, in dem die Einrichtung nationaler, unabhängiger Prüfeinrichtungen gefordert wird, schafft zusätzlichen Handlungsbedarf."

Der Menschenrechtsbeirat, sagt Patzelt, solle seine Zusammensetzung auf Mitglieder ohne Naheverhältnis zu Regierung und Ministerien beschränken: Die Ministerialbeamten sollten zwar als beratende, nicht aber als "abstimmende Gruppe innerhalb des Beirats wirken". (bri, kob, DER STANDARD Printausgabe 19/20.4.2003)