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Wer im Metro seiner einschmeichelnden, aber schwachen Stimme und seinen femininen Bewegungen ausgeliefert ist, hat eine Abkühlung nötig. Nun doch die Gruft?

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Zurück aus Bagdad. Im Metrokino eine Willy-Forst-Retrospektive zum hundertsten Geburtstag: "Willy Forsts Filme sind katholisch in ihrer Sinnlichkeit und in ihrer Moral" (Georg Seeßlen). Ja, "katholisch" in seiner schrecklichsten Form.

"Grüße Rudi und Dein Kind allerliebst, Marlene", schreibt Willy Forst am 11.5.1938, "und schreibe mir bitte an meine Firma Forst Film Productions, Berlin W. 15, Kurfürstendamm 200, und zeichne mit M.D." Die Firmenadresse hat sich in protestantischere Gegenden verzogen. Diese unerträgliche Anbiederung und ihre katholische Ergebenheit wird mit dem Untertitel "Ein Filmstil aus Wien" dokumentiert.

In den letzten Wochen gab es genug Chancen, von diesem Stil im angenehmen, aber etwas kühlen Wiener Metro-Kino in Hitze gebracht zu werden, falls "wir uns über die vielen Klippen von Zeitgeschichte und Inszenierungsproblemen hinweggesetzt haben", so der Katalog.

Am Montag, 14. April um 18.30 überbot das Metro mit "Serenade", Deutschland 1937 (nach Theodor Storms Novelle Viola Tricolor), alle sonst nur aus dem Bellaria-Kino bekannten Schauer. Veit Harlan führte Regie. Die naive Blödigkeit der Akteure, vor allem die der weiblichen und der Filmkinder, arglos bis zum Exzess und fast immer in süddeutscher Landestracht, könnte einem die Hölle heiß machen, wenn es eine wäre. Aber auch dazu reicht es nicht. Jede cineastische Gelassenheit, falls es sie noch kurz vorher gab, flieht in Richtung Stadtpark, um nicht gleich in die Kapuzinergruft zu laufen. Nur nicht das blanke Entzücken des Metro-Publikums.

Vielleicht wäre doch das Bellaria-Kino an diesem Tag die bessere Wahl gewesen, die Brutalität des dortigen Publikums ist einem schon vertraut. Zu spät. Aber am Freitag lässt um 18.30 "Mazurka" mit Pola Negri und "Confession" (USA 1933) auf "bessere Urständ'" hoffen. Erst am 1. Mai wird es "Wiener Blut" wieder geben, gedreht 1942.

Willy Forst war auch im dritten Wiener Gemeindebezirk zu Hause, und das ist mein schärfster Einwand: Er gehört dort nicht hin. Diese Gegend ist kein Ort für "österreichische Protagonisten", die es vermochten, "auf Augenhöhe der Zeit zu agieren" (Katalog). Wer im Metro seiner einschmeichelnden, aber schwachen Stimme und seinen femininen Bewegungen ausgeliefert ist, hat eine Abkühlung nötig. Nun doch die Gruft? (DER STANDARD, Printausgabe, 18.4.2003)