Die Reaktion aus dem Justizministerium folgte auf dem Fuße: alles im normalen Bereich, kein Grund zur Aufregung darüber, dass in der Justizanstalt Josefstadt Halbwüchsige in Korrekturzellen neben Erwachsene gesteckt werden. Überhaupt: "Korrekturzelle" - oder auch "Absonderung" - sei nicht der richtige Ausdruck. Weil man beides schon vor Jahren abgeschafft habe. "Einzelhaftraum" für gewalttätig gewordene Häftlinge, so laute jetzt die richtige Bezeichnung.

Schilderungen der Einzelhaft-Räumlichkeiten

Doch wie dann, angesichts solchermaßen eingeforderter sprachlicher Mäßigung, mit den Schilderungen der Einzelhaft-Räumlichkeiten durch die zuständige Richterin umgehen? Kein Fenster, nur eine Pritsche - und gleich nebenan, nur durch eine Zwischenwand getrennt, ein erwachsener Kohäftling. Man wird dem Gerichtsgutachter Max Friedrich zustimmen, wenn er volljährige randalierende Gesetzesbrecher als wahrhaft "andere Kaliber" bezeichnet als Teenager am möglichen Anfang einer kriminellen "Karriere".

Sozialen Konsequenzen

Und zwar vor allem deshalb, weil eine solche "Karriere" im Alter von 15 oder auch 17 Jahren noch abwendbar erscheint. Weil junge Menschen - auch straffällig Gewordene - veränderbarer sind als ältere Vorbestrafte, deren Leben durch eine lange Latte von Verurteilungen und die sozialen Konsequenzen bereits auf der schiefen Bahn verläuft.

Jeder Häftling verdient eine Chance auf Resozialisierung, junge Inhaftierte benötigen sie in besonders großem Maß. Halbwüchsige aus disziplinären Gründen in karge Räume zu stecken, sie der Depression auszuliefern hilft da sicherlich nicht weiter. Kontraproduktiv ist es auch, sich in diesem Zusammenhang auf geplante Haftraumneubauten zu beziehen. Oder mehr als das: zynisch nämlich. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 17.4.2003)