Liebesmacht, Familienglück: Karan Johars üppiger Bollywood- Erfolgsfilm "Sometimes Happy, Sometimes Sad"

Von Dominik Kamalzadeh

Wien - Mitten im Trubel eines Rummelplatzes gesteht Rahul Gefühle, die keine Grenzen mehr kennen. Die Musiknummer setzt daraufhin ein und alle Regeln der Wahrscheinlichkeit außer Kraft:


Foto: Polyfilm

Mit einem Mal tanzt das liebende Paar vor den Pyramiden von Gizeh, gleich danach vor einem Sonnenuntergang in der Wüste - die grell leuchtenden Kleider bilden dabei einen modisch gewagten Kontrast zur sandfarbenen Kulisse.

Grenzen werden in Karan Johars Bollywood-Blockbuster Sometimes Happy, Sometimes Sad / Kabhie Khushi Kabhie Gham - von Connaisseuren schlicht K3G genannt - überhaupt mit leichter Hand überwunden:

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Der Hindi-Film, weltweit erfolgreich wie noch kaum einer vor ihm, setzt in jeder Hinsicht auf Opulenz.

Das fängt an bei der Besetzung, die drei Stargenerationen des indischen Kinos umfasst, und setzt sich fort in protzigen Schauplätzen wie ehemaligen Kolonialherrenbauten oder Design-Exilwohnungen.

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Optischer Mehrwert

Seine formale Entsprechung findet es in einer ausladenden, geradezu effekthascherischen Inszenierung sowie in den unerlässlichen Tanz- und Gesangsnummern, die hier besonders viel Platz einnehmen.

Wo derart in optischen Mehrwert investiert wird, muss zumindest die Fabel den nötigen Widerstand bieten:

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Die Liebe zwischen Rahul (Shakrukh Khan) und Anjali (Kajol) ist nicht standesgemäß, weswegen sich der Vater (Amitabh Bachchan) mit grimmiger Autorität dagegen stellt und den (in Wahrheit adoptierten) Sohn für immer aus dem Haus weist.

Bis es jedoch zu diesem traumatischen Ereignis kommt, sind schon rund 90 der 210 Minuten vergangen, ...

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... und Regisseur Johar hat die Einheit der Familie bereits eindrücklich als jenes Gut eines Menschen etabliert, das einem selbst beim entscheidenden Kricketschlag weiterhilft.

Die Macht des Vaters und die Rolle der sich aufopfernden Mutter (Jaya Bachchan) stehen so auch nie ernsthaft infrage - allein die Hochzeit aus Liebe wird über die Zwangsheirat gestellt.

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Als geölte Illusionsmaschine funktioniert Sometimes Happy, Sometimes Sad wohl bei jedem Publikum, obgleich Johar Register zieht, für die manch einer angeblich nicht mehr empfänglich ist:

Die Vorhänge bauschen sich dramatisch beim Auftritt, Donner verleiht den Worten zusätzlich Kraft, und selbst Männer weinen mitunter wie Kinder.

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Die Bewegung zurück zum großfamiliären Glück initiiert der jüngere Bruder Rohan (Hrithik Roshan), der sich vom Pummelchen zum Beau gemausert hat:

In London impft er dem verlorenen Bruder und dessen Familie (zunächst unerkannt) wieder Heimatliebe ein - Pooja (Kareena Kapoor), die ihm verfällt, wandelt sich dabei am signifikantesten: vom Pin-up-Girl zur Dame im Sari.

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Aber auch die Stadt wird zur Szene, zum Tanzboden, auf dem indisches Selbstbewusstsein vor den einstigen Kolonialherren zelebriert wird.

Seine einigermaßen traditionelle Botschaft und dekadenten Settings mag man dem Film vorhalten.

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Aber Bollywood verkörpert ja durchaus selbst diese große und ideale Familie, die hier farbenprächtig wiederhergestellt wird:

Nicht nur die Wahl der Darsteller, auch die Eingemeindung von "Non Resident Indians", schließlich die Vereinigung von traditioneller Kultur mit einem (westlichen) Faible für Kapital und Statussymbole zeugen von einer Versöhnung weit größeren Ausmaßes.

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Die erste familiäre Konfrontation seit Jahren findet denn auch in einer Shoppingmall statt: Spätestens hier müsste man anfangen, von einer globalen Bollywood-Kultur zu sprechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.4.2003)

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