Athen - Der seit Februar vergangenen Jahres in Brüssel tagende EU-Konvent soll den Entwurf für eine Verfassung der Europäischen Union vorlegen. In dem Gremium, das die EU-Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel in Laeken im Dezember 2001 einberiefen, sitzen insgesamt 105 Vertreter der Mitgliedstaaten, der europäischen Institutionen und der 13 Beitrittskandidaten. Die insgesamt 39 Vertreter der Kandidatenländer dürfen Beschlüsse des Konvents allerdings nicht blockieren.

Mehrere Staaten haben ihre Außenminister in den Konvent berufen, so sind Joschka Fischer für Deutschland, Dominique de Villepin für Frankreich, Ana Palacio für Spanien und Louis Michel für Belgien vertreten. Großbritannien wird von Europaminister Peter Hain vertreten.

Entwurf soll bis Juni vorliegen

Den Entwurf für eine Verfassung soll der Konvent im Juni den Staats- und Regierungschefs vorlegen. Darauf basierend tritt anschließend eine Regierungskonferenz der Mitgliedstaaten zur weiteren Beratung zusammen. Beschlossen werden soll die Verfassung von den Staats- und Regierungschefs nach gegenwärtiger Planung am Jahresende.

Ursprünglich sollte der im Dezember 2000 geschlossene EU-Vertrag von Nizza die Gemeinschaft fit für die Aufnahme bis zu zwölf neuer Länder machen. Polen, Ungarn, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern werden der EU am 1. Mai 2004 beitreten. Rumänien und Bulgarien sollen 2007 folgen. Auch die Türkei ist EU-Beitrittskandidat, mit ihr sollen die Verhandlungen aber erst frühestens Anfang 2005 beginnen.

Differenzen zwischen kleinen und großen EU-Staaten

Der Vertrag von Nizza blieb allerdings weit hinter den Erwartungen zurück. Deshalb beriefen die Staats- und Regierungschefs eine verfassungsgebende Versammlung in Form des Konvent ein. Im Vordergrund der Reform soll eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen den EU-Institutionen Ministerrat, Kommission und Parlament stehen.

Dabei gibt es aber nach wie vor Differenzen zwischen den kleinen und den großen EU-Staaten. Die kleineren Länder beharren auf einer Stärkung der EU-Kommission, während die größeren Mitgliedstaaten einen EU-Ratspräsidenten für mehrere Jahre berufen wollen. Zudem vorgesehen ist ein europäischer Außenminister. Die Formulierung eines Bezugs zur christlichen Tradition Europas in der Verfassung ist ebenfalls noch umstritten.

Vorlagen für Reform bisher hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet

Präsident des Konvents ist der frühere französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing, seine Stellvertreter sind der frühere italienische Regierungschef Giuliano Amato und der frühere belgische Ministerpräsident Jean-Luc Dehaene. Zusammen mit neun weiteren Konventsmitgliedern bilden sie das Präsidium, das Anstöße für die Debatten geben soll.

Im Einzelnen gehören dem Konvent jeweils ein Vertreter der nationalen Regierungen und zwei der nationalen Parlamente an. Hinzu kommen 16 Mitglieder des Europäischen Parlaments und zwei Vertreter der EU-Kommission. Den Bundestag vertritt der SPD-Abgeordnete Jürgen Meyer, den Bundesrat der baden-württembergische Ministerpräsident und CDU-Politiker Erwin Teufel.

Bisher wurden die Vorlagen für die Reform von Regierungskonferenzen hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet, in denen die Außen- und Europaminister der Mitgliedstaaten vertreten waren. Mit dem Konvent erhofft sich die EU mehr Öffentlichkeit, Transparenz und Legitimität.(APA/AP)