Bundeskanzler Gerhard Schröder setzt seinen Genossen das Messer an: Entweder die SPD akzeptiere sein hartes Reformpaket für das deutsche Sozialsystem, oder die Partei werde künftig ohne ihn auskommen müssen. Bis zum Sonderparteitag am 1. Juni haben Kritiker Zeit, die Segel zu streichen und Schröder zuzustimmen. Punktum, sagt der Kanzler.

Mit dieser harten Linie führt Käpt’n Schröder seine SPD in raue See. Die SPD-Linke - es gibt sie tatsächlich noch - wehrt sich nach Kräften gegen geplante Einschnitte ins Sozialsystem. In einer in der Geschichte der SPD einmaligen Aktion initiierten sie gegen den Willen der Parteispitze eine Mitgliederbefragung.

Schröder muss im Bundestag mit einer zarten Mehrheit von fünf Stimmen auskommen - ein paar linke Meuterer könnten den Kanzler ziemlich in die Bredouille bringen; zwölf Abtrünnige wurden bereits gezählt. Die Parteibasis könnte revoltieren, wenn sie durch die eigenen Genossen geschröpft werden sollte. Der altehrwürdigen SPD stehen stürmische Stunden ins Haus, sollte sie der Kanzler zu einer Ein-Mann-Schröder-SPD umbauen wollen. Erinnerungen an Exkanzler Helmut Schmidt werden wach. Der Hanseate scheiterte 1982, weil ihm die Partei in Sachen Nachrüstung die Gefolgschaft verweigerte.

Aber viele Parteimitglieder wissen tief in der roten Brust, dass es zu Schröders Reformplänen keine Alternative gibt. Kürzungen beim Arbeitslosengeld, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und Einschnitte bei der Krankenversicherung sind notwendig, um das Sozialsystem zu erhalten. Aber auch wenn die SPD Reformen zustimmt, ist kein rettendes Land in Sicht. Schröders Pläne seien zu halbherzig, um eine wirtschaftliche Trendwende herbeizuführen, meinen Wirtschaftsforschungsinstitute. Auf Käpt’n Schröder warten schwere Brecher. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.4.2003)