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Westerwelle, von der Leyen, Merkel.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

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Die Bundesregierung hat Deutschland ein herbes Sparprogramm verordnet und erntet dafür harte Kritik.

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Berlin - Die deutsche Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das von Opposition und Gewerkschaften als sozial ungerecht kritisierte Milliarden-Sparpaket der Regierung verteidigt. "Die Hälfte des Bundeshaushaltes liegt im Arbeits- und Sozialministerium. Wenn wir dann nur ein Drittel der Sparmaßnahmen beitragen müssen, reicht das schon, dass hier auf die soziale Balance geachtet worden ist", sagte von der Leyen am Dienstag dem "Deutschlandradio Kultur". Ihr sei es vorrangig wichtig gewesen, diejenigen zu schützen, die "im Augenblick an ihrer Lebenssituation nichts mehr ändern können". Dazu gehörten Pensionisten. An der Rente werde nicht gerührt.

Es sei zwar richtig, dass etwa Empfänger der Sozialhilfe Hartz-IV beim Elterngeld Kürzungen hinnehmen müssten, doch sei zugleich im Sparpaket der Bereich Bildung für Kinder aus Hartz-IV-Familien ausgenommen. Steuererhöhungen hält von der Leyen in Zeiten des Spardrucks für kein geeignetes Mittel. "Dann hat man sofort die Debatte: Wo kann man die Einnahmen verbessern?", sagte sie. Dann gehe der Druck auf das Kabinett verloren, zu sparen.

CDU-Sozialflügel verlangt höhere Reichensteuer

Der CDU-Sozialflügel hat das Sparpaket der Bundesregierung mit deutlichen Worten kritisiert und als sozial unausgewogen bezeichnet. Der Bundesvize der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler, dringt nun auf Korrekturen, schreibt Spiegel Online.

Die Abschaffung des Rentenbeitrags für Hartz-IV-Empfänger und des Rechtsanspruchs behinderter Arbeitsloser auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt nannte Bäumler "nicht akzeptabel": "Da werden diejenigen getroffen, die keine Lobby haben und sich am wenigsten wehren können." Wenn die Beiträge zur Rentenversicherung bei Langzeitarbeitslosen eingespart würden, erhöhe sich das Risiko der Altersarmut. Zudem würden die Kosten für die Grundsicherung im Alter auf die Kommunen verlagert.

Westerwelle verteidigt Einsparungen

Auch Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) verteidigte im "RTL-Nachtjournal" vom Montag die auf einer Regierungsklausur am Sonntag und Montag beschlossenen massiven Einsparungen beim Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger. "Das Elterngeld soll ja dafür sorgen, dass Menschen, die arbeiten, Geld bekommen, damit sie in den ersten Monaten zu Hause bei ihren kleinen Kindern sein können. Das ist bei jemandem, der keine Arbeit hat und Hartz IV bezieht, eine ganz andere Ausgangslage", sagte der FDP-Chef.

Darüber hinaus warb Westerwelle erneut für eine Abkehr von der Wehrpflicht. "Ich bin dafür, dass wir die Wehrpflicht aussetzen, aber nicht aus Gründen des Haushaltes, sondern weil die Wehrgerechtigkeit uns in diese Richtung bringt", sagte Westerwelle . "Wenn nur noch 15 bis 20 Prozent der wehrfähigen jungen Männer tatsächlich bei der Bundeswehr gezogen werden, dann ist das nicht mehr gerecht", sagte der FDP-Chef. Deswegen plädiere seine Partei für eine Umstellung weg von der Wehrpflicht und in Richtung einer Freiwilligenarmee. Im anhaltenden Koalitionsstreit vor allem zwischen FDP und CSU um die Gesundheitsreform mahnte Westerwelle zur Besonnenheit.

Die deutsche Regierung hatte am Montag ein Sparpaket im Volumen von 80 Milliarden Euro bis 2014 vorgestellt. Darin sind vor allem Kürzungen im Sozialetat vorgesehen. Aber auch die Wirtschaft wird belastet, etwa energieintensive Unternehmen, Fluggesellschaften und Betreiber von Atomkraftwerken. Zudem verständigte sich die schwarz-gelbe Regierung darauf, Änderungen bei der Wehrpflicht zu prüfen.

Kritik aus den eigenen Reihen

Nach Einschätzung des Deutschen Städtetags droht das Sparpaket die massiven Finanzprobleme der Gemeinden in Deutschland noch zu verschärfen. Die Budgetkonsolidierung sei zwar notwendig, sagte Städtetag-Hauptgeschäftsführer Stephan Articus der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Dienstag. "Aber ein Widerspruch entsteht da, wo sich der Bund entlastet und die Kommunen dafür aufkommen müssen." So würden Hartz-IV-Empfänger, die keine vom Bund finanzierten Beiträge zur Rentenversicherung mehr erhielten, später durch die Grundsicherung unterstützt. Diese zahlen die Kommunen. Die Belastungen der Städte und Gemeinden von über 40 Milliarden Euro bei den Sozialausgaben sei schon jetzt erdrückend hoch, sagte Articus. "Neu Belastungen der Kommunen passen dazu nicht oder müssen ausgeglichen werden, forderte er. Auch der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, verlangte ein Überprüfung der Teile des Sparprogramms, die die Kommunen betreffen.

Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller verwies darauf, dass man dem Gesichtspunkt der Belastungsgerechtigkeit Rechnung tragen müsse. Müller erneuerte im Saarländischen Rundfunk seine Forderung nach Steuererhöhungen: "Ich glaube, dass wir auch über den Spitzensteuersatz noch einmal reden müssen. Hier besteht weiter Diskussionsbedarf." Die FDP habe in dieser Frage zwar eine sehr grundsätzliche Position, doch auch sie werde die Frage beantworten müssen, ob man in gleicher Weise Opfer von allen verlange. Für ihn gelte der Grundsatz "starke Schultern müssen mehr tragen als schwache Schultern", sagte der CDU-Politiker.

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, bezeichnete das Sparpaket ebenfalls als "sozial unausgewogen". "Man hätte mehr tun können, um auch die Gutverdienenden in die Pflicht zu nehmen", sagte Weiß dem "Kölner Stadt-Anzeiger". (red/APA/Reuters/AFP)