Ein befreundeter Mathematiker erzählte mir unlängst bei einem Gespräch über den Zustand der Grünen, dass er den Eindruck habe, dass sich viele Grüne nach außen verhalten wie eine mathematisch kompakte Menge: abgeschlossen und beschränkt. Daher gibt es keinen großen grünen Aufbruch, und dieses Verhalten führt dann auch zu den Wahlverlusten, wie eben jetzt im Burgenland.

Meinen Einwand, dass es viele grüne kommunikative Spitzenmenschen gibt, die begeisternd um grüne Stimmen werben, konterte er mit der Frage, ob ich wisse, wie viele Menschen Michel Reimon persönlich für die Grünen gewonnen hätte? Wo er, außer auf den üblichen Infoständen, noch überall landesweit begeisternd für die Grünen persönlich geworben hätte? Ich antwortete, dass mir nur aufgefallen ist, dass Michel Reimon seine Handynummer veröffentlichte und allen anbot, ihn anzurufen. Diese Aktion sei eher wieder eine Bestätigung für die Abgeschlossenheit der Grünen, meinte der Mathematiker.

Auf Sympathisanten warten

Die Grünen müssten offensiv auf Menschen zugehen, wenn sie mehr werden wollen. Sie müssten Menschen anrufen, mit ihnen reden und begeisternd für ihre Inhalte werben, statt darauf zu warten, ob ein paar Sympathisanten sich bei ihnen melden.

Die Verluste der Grünen in Burgenland scheinen die Abgeschlossenheitsthese des Mathematikers zu bestätigen. Ein Blick auf die Entwicklung der Grünen im Burgenland zeigt, dass hier seit zehn Jahren die politische Arbeit nicht wirklich gut läuft. Im Jahr 2000 erreichen die Grünen mit 5,49 Prozent 10.057 Stimmen und damit zwei Mandate. Im Jahr 2005 halten sie mit 5,21 Prozent knapp dieses Ergebnis. 2010, nach zehn Jahren politischer Arbeit, verlieren die Grünen 2222 Stimmen und kommen mit 4,15 Prozent der Stimmen nur mehr mithilfe der Wahlkarten in den Landtag. Statt in den zehn Jahren Wähler massiv dazu zu gewinnen, hat man 2010 über 20 Prozent der Wählerstimmen verloren.

Ein kritischer Blick auf die Arbeit der Grünen zeigt, dass neben der unzureichenden Kommunikation nach außen noch drei Faktoren für die Niederlage verantwortlich waren. Erstens die seit Jahren fehlenden großen grünen Themensetzungen auf Landesebene. Zweitens die fehlende Parteiaufbauarbeit und drittens der misslungene Wahlkampf, der sich im Wesentlichen auf ein paar Kopfplakate verbunden mit allgemeinen Wohlfühlaussagen beschränkte ("Menschlichkeit zählt. Umwelt schützen: nur mit uns"). Für die bevorstehenden Wahlkämpfe in der Steiermark und Wien wird man sich da wohl mehr einfallen lassen müssen.

Aber auch fürs Burgenland gilt Hölderlins Satz: "Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch." In Burgenland wächst das Grün am stärksten in der Gemeinde Nickelsdorf.

Die Grünen Nickelsdorf kamen 2002 mit neun Prozent in den Gemeinderat und legten dann 2007 noch 8,27 Prozent drauf. Sie liegen jetzt bei 17,27 Prozent, erreichten drei Mandate und beweisen mit ihrer Arbeit, dass Grüne, wenn sie ihre Abgeschlossenheit aufgeben und in den Gemeinden begeisternd für grüne Inhalte werben, auch Wahlen gewinnen können. (Franz Klug, DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2010)