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Von Floridsdorf in die internationale Chefetage: Brigitte Ederer.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Wien - "Wenn unser starker Arm es will, stehen alle Räder still", dieser Kampfruf der Gewerkschaft ist Brigitte Ederer wohl nur zu gut bekannt. Seit ihrer frühesten Jugend hat sich die künftige Siemens-Personalchefin bei der SPÖ engagiert und dort im Laufe der Jahre mehrere Spitzenpositionen eingenommen. Nun muss sie beim Weltkonzern Siemens tausende Mitarbeiter abbauen. Ab 1. Juli ist die 54-jährige Ederer Chefin von mehr als 400.000 Siemensianern und für das Europa-Geschäft des Münchner Technologiekonzerns zuständig und damit eine der mächtigsten Managerinnen Europas.

Kontakte zur Politik

Gute Kontakte zur Politik waren den Münchnern schon immer wichtig. Immerhin sind die Stadt Wien und die staatliche ÖBB die wichtigsten Kunden von Siemens Österreich. Da schadet es nicht, in der Wiener SPÖ politisch sozialisiert worden zu sein und mit der Eisenbahnergewerkschaft ein traditionell rotes Bollwerk im Hintergrund zu haben. Gleichzeitig machte es aber den Personalabbau bei Siemens in der Vergangenheit nicht leichter.

Obwohl schon lange nicht mehr aktiv für die SPÖ tätig, wurden Stellenstreichungen von manchen Oppositionsparteien aufgegriffen, um der SPÖ eine arbeitnehmerfeindliche Politik vorzuwerfen. Aber wie hatte Ederer einmal gemeint: "Politik ist die faszinierendste Tätigkeit, die es gibt - und gleichzeitig die undankbarste und kränkendste".

Ederer wurde am 27. Februar 1956 in Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf geboren. Ihr Studium der Volkswirtschaft schloss sie 1980 ab. An der Universität arbeitete sie im Verband Sozialistischer Studenten mit, seit Mai 1977 war sie Angestellte der Arbeiterkammer Wien. Ende März 1992 wurde sie vom damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) als vierte Frau in der Regierung als Integrationsstaatssekretärin ins Kabinett geholt.

EU-Beitritt

Ihr größtes politisches Erfolgserlebnis als Integrationspolitikerin hatte Ederer mit der überwältigenden Zustimmung der Bevölkerung zum EU-Beitritt bei der Volksabstimmung am 12. Juni 1994, als sich mehr als 66 Prozent der Österreicher für einen EU-Beitritt aussprachen. Nach der erfolgreichen EU-Volksabstimmung marschierte sie als Einlösung einer verlorenen Wette zu Fuß nach Mariazell.

Die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt (von 1992 bis 1995) schaffte trotz guter Popularitätswerte nie den Sprung in ein Ministeramt. Im Oktober 1995 wechselte sie von der Regierung in die SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße als Bundesgeschäftsführerin, im Jänner 1997 kam es zu einem weiteren Umzug ins Wiener Rathaus, wo sie bis Dezember 2000 als amtsführende Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke tätig war. Ein Angebot von Siemens Österreich für einen Vorstandssessel hatte Ederer 2001 zum Wechsel in die Privatwirtschaft bewogen.

Anfang Juni 2005 gab Brigitte Ederer ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem EU-SP-Abgeordneten Hannes Swoboda, das Ja-Wort. Ederer ist kinderlos: "Kinder sind sich nie ausgegangen. Das ist der Preis, den ich für den Job gezahlt habe", sagte sie in Interviews. Beruflich wird Ederer Österreich nicht ganz den Rücken kehren. Sie wird Aufsichtsratschefin von Siemens Österreich und ist Obfrau der heimischen Elektroindustrie. (APA)