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EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou will die "Gleichstellungspolitik auf die Realität ausrichten". 

Foto: AP/Geert Vanden Wijngaert

Brüssel - Die EU-Kommission hat die nach wie vor traditionellen Rollenbilder im Bildungsbereich kritisiert und diese als einen der Mängel bei der Gleichstellung der Geschlechter bezeichnet. EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou sagte bei der Präsentation einer Studie zum Thema, die Unterschiede würden sich heute komplexer als vor 50 Jahren präsentieren und es sei ein Gesamtansatz zur besseren Gerechtigkeit zwischen der Entwicklung von Mädchen und Buben notwendig.

Was die Schulabbrecherquote betrifft, verwies Vassiliou darauf, dass diese im EU-Durchschnitt bei Mädchen nur 13,2 Prozent betrage, während sie bei Buben mit 17,2 Prozent deutlich höher liege. Die Vergleichszahlen für Österreich liegen bei 10,2 Prozent für Mädchen und 11,6 Prozent für Buben. Am geringsten ist die Schulabbrecherquote in Slowenien (2,7 und 5,7 Prozent), am höchsten in Malta (32,9 zu 41,1 Prozent) und Spanien (25,6 zu 36,1 Prozent).

Klassische Rollenverteilung auch im Hochschulbereich

Generell geht aus der aus diversen Untersuchungen der vergangenen Jahre erstellten Studie hervor, dass Buben schlechter im Lesen sind und Mädchen schlechter in Mathematik. In allen 27 EU-Ländern absolvieren mehr Frauen als Männer ein Hochschulstudium. Aber auch hier zeige sich ein traditionelles altes Rollenbild: Im Ingenieur- und Bauwesen beträgt der Prozentsatz der Frauen unter den Absolventen im EU-Schnitt nur 25 Prozent.

Was Österreich betrifft, führt die Kommission an, dass 2008 nur 17 Prozent der UniversitätsprofessorInnen weiblich waren - im Gegensatz zu 40 Prozent bei den UniversitätsassistentInnen. Angeführt wird in dem Bericht auch das 2005 von Österreich gestartete Exzellenzprogramm, das darauf abzielt, die Zahl der weiblichen Professorinnen von 13 Prozent im Jahr 2003 auf 26 Prozent 2010 zu verdoppeln.

Vassiliou erklärte, die Lehrkräfte seien überwiegend Frauen, gestaltet würden die Bildungssysteme aber von Männern. Die meisten Personen mit Studienabschluss seien weiblich, die meisten Schulabbrecher aber männlich. "Wir müssen die Gleichstellungspolitik auf diese Realität ausrichten", betonte die Kommissarin.

Unmännlich: Kindergärtner und Grundschullehrer

Wer Kindergärtner oder Grundschullehrer werden will gilt, der Studie zufolge, als unmännlich. Burschen wollen lieber klassische Männerberufe ergreifen wie Ingenieur, Techniker oder Naturwissenschafter - also Jobs, die die traditionelle Geschlechterrolle widerspiegeln. Das hat eine am Montag veröffentlichte Untersuchung der EU-Kommission ergeben. "Wenn ein Mann in den Vorschulbereich gehen will, stellt das sein Mannsein infrage", sagte die Autorin der Studie, Bernadette Forsthuber, bei der Präsentation in Brüssel. Die Eurydice-Studie sammelt und analysiert Bildungsdaten aus allen EU-Staaten außer Bulgarien sowie aus Island, Liechtenstein und Norwegen.

Berufswahl nach traditionellen Geschlechterrollen

Auch in Österreich und Deutschland wählen Männer und Frauen ihren Beruf immer noch häufig nach traditionellen Mustern: So stellen Frauen in beiden Ländern im schlecht bezahlten Bereich Gesundheit und Soziales deutlich mehr als 70 Prozent der Hochschulabsolventinnen (EU: 76 Prozent), im Ingenieur- und Bauwesen jedoch nur rund 18 Prozent (EU: 25 Prozent). Die Berufswahl gilt als einer der Gründe dafür, warum Frauen in Europa im Schnitt knapp ein Viertel weniger verdienen als Männer. (APA)