Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Feuerwehr versuchte mit Hilfe eines Krans die Reste des Daches vom zertrümmerten Haus zu heben.

Foto: APA/PAUL PLUTSCH

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Explosion zerstörte das Haus völlig - fünf Personen starben.

Foto: APA/PAUL PLUTSCH

St.Pölten/Wien - Nach der verheerenden Explosion eines Zweifamilienhauses am Spratzerner Kirchenweg in St. Pölten, die am Donnerstag fünf Menschen das Leben kostete, sind die Ermittlungen zur Unglücksursache am Samstag fortgesetzt worden. Brandsachverständige des Bundeskriminalamtes sowie Ermittler des Landeskriminalamtes waren am Vormittag wieder mit Erhebungen direkt am Unglücksort beschäftigt. Bis die Unglücksursache tatsächlich feststeht, dürfte es nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber noch Monate dauern.

Neben dem elektrotechnischen Gutachten werde kommende Woche vermutlich auch die Expertise eines Geologen angefordert, kündigte Staatsanwalt Karl Fischer am Samstag an. Dieser solle auf Ansuchen des Elektrotechnikers die Durchlässigkeit des Materials prüfen und so die Frage klären, wie das aus dem Leck in der Leitung unter dem Gehsteig vor dem Haus austretende Gas in das Gebäude gelangt sei. Auch, warum es zu dem Lichtbogen-Kurzschluss an der Kreuzung des Gasrohrs mit drei 20 kV-Leitungen, der das Leck verursacht haben soll, gekommen sei, sei noch zu prüfen.

Am Samstag untersuchten die Ermittler laut Fischer "noch einige Sachen im Haus" - wie etwa die Leitungen und die Gasverbrauchergeräte. Sollte es Schäden an diesen geben, wäre dies für die Entstehung der Explosion schließlich ebenso bedeutend. Die Arbeiten der Polizei wurden in den Mittagsstunden schließlich vorerst abgebrochen. Morgen, Sonntag, soll es weitere Erhebungen im Umfeld, beispielsweise die Befragung von Zeugen, geben.

Obduktion abgeschlossen

Die Obduktionen der Opfer sind unterdessen abgeschlossen worden. Die drei Frauen und zwei Männer waren demnach sofort tot. Die Gerichtsmediziner stellten als Todesursache "massive Einwirkungen durch den Einsturz des Hauses und die Explosion" fest, teilte Alfred Schüller vom Landeskriminalamt NÖ mit. Durch Untersuchungen bestätigt haben sich laut Schüller mittlerweile auch die Identitäten der Opfer - eines Ehepaars im Alter von 81 und 77 Jahren, deren Tochter (52) und ihres nigerianischen Lebensgefährten (53) sowie der 17-jährigen Enkeltochter. Lediglich bei zwei Personen seien "aus Formalgründen" noch weitere Abklärungen nötig.

Mittlerweile dürfte es im Magistrat auch erste Schätzungen bezüglich der Schadenshöhe geben. Laut ORF sollen durch die Explosion Schäden von ein bis zwei Mio. Euro entstanden sein.

Massives Leck in der Gasleitung

Momentan geht man aber davon, dass ein am Freitag gefundene Leck in der Gasleitung auf der Höhe des Gehsteigs vor dem Haus für die Explosion verantwortlich war. Bei Grabungen im Kreuzungsbereich der Gasleitungen hatte es Mittwochabend einen Kurzschluss gegeben - die Folge war nicht nur ein Stromausfall in der Siedlung. Offenbar hatte ein Lichtbogen in der Gasleitung darunter ein massives Leck geschnitten. Es sei davon auszugehen, dass ab Mittwochabend Gas ausgetreten ist, ehe es am Donnerstag kurz vor 8 Uhr zu der verheerenden Explosion kam, erläuterte der Sachverständige Christian Tisch vom Bundeskriminalamt (BK).

Nach der Explosion dauerte es 21 Stunden, bis die Feuerwehr in der St. Pöltener Munggenaststraße Freitagfrüh die Nachricht "Brand aus" geben konnte. Die Leichen der fünf Hausbewohner, drei Generationen einer Familie, waren da aus den Trümmern des durch eine Gasexplosion zerstörten Einfamilienhauses bereits geborgen.

Schon in der Nacht hatten die Brandermittler des Bundes- und des niederösterreichischen Landeskriminalamtes mit der Spurensicherung begonnen. Aus den mehr als 400 Tonnen Schutt wurden auch Gasgeräte geborgen, um eventuelle Schäden begutachten zu können.

Ein Gasaustritt bei der Leitung sei im Vorfeld kaum zu orten, heißt es bei der EVN. Denn ein kleiner Leitungsriss würde zu keinem Druckabfall im Netz führen. Alarm würde nicht ausgelöst. Erst wenn etwa ein Bagger die Hauptleitung durchtrenne, werde Alarm ausgelöst.

Problem Sickergas

Armin Ortner von der Brandgruppe des Wiener Landeskriminalamtes kennt die Problematik des Sickergases. "Wenn Gas diffundiert und durch den Boden einsickert, sammelt es sich unten, beispielsweise im Keller." Doch selbst wenn es in den Wohnräumen des einstöckigen Gebäudes war, ist es möglich, dass es keinen Gasgeruch gab. "Je nachdem, wie lange und durch welche Materialien das Gas kam, kann es sein, dass sich die beigefügten Geruchsstoffe verflüchtigt haben."

Zum explosiven Gemisch kommt es, wenn der Erdgaswert in der Luft eine bestimmte Konzentration erreicht. "Das ist eine recht große Bandbreite. Wenn allerdings zu viel Gas austritt, das Gemisch zu ,fett‘ wird, entzündet es sich nicht mehr. Dann besteht aber die Gefahr einer Gasvergiftung mit Ohnmacht und Erstickungstod" , erläutert Ortner. Offenes Feuer ist für eine fatale Explosion nicht notwendig. "Es genügt ein Zündfunke, der kann bereits entstehen, wenn sich der Motor des Kühlschranks einschaltet."

Die Explosion machte drei weitere Personen des Hauses obdachlos. Eine Enkelin beziehungsweise Tochter der Opfer war zum Unglückszeitpunkt ebenso wenig daheim wie ein Ehepaar, die Mieter waren. Die Stadt St. Pölten hat für diese ein Spendenkonto eingerichtet.

Am Sonntag wird in der Pfarre St. Josef um 9 Uhr ein Gedenkgottesdienst für die Explosionsopfer mit Bischof Küng veranstaltet. (Michael Möseneder/red/DER STANDARD-Printausgabe, 5.5.2010)