Josh Homme an der Gitarre, Dave Grohl am Knüppel. Zusammen mit John Paul Jones und Alain Johannes begeisterten sie als Them Crooked Vultures das ausverkaufte Arena-Open-Air-Gelände.

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Wien - Allein schon das Vergnügen, Dave Grohl am Schlagzeug arbeiten zu sehen, war den Eintrittspreis wert, wobei arbeiten eine nur unzulängliche Annäherung an Grohls Tun ist. Dieser wirkt hinter der Rhythmusbude wie ein rabiater Galeerentrommler. Animal Grohl. So wie der Irre bei den Muppets. Mit fliegenden Haaren knüppelt er zurzeit die Felle bei der US-amerikanischen Supergroup Them Crooked Vultures, die ihre Europatournee am Donnerstag in der Wiener Arena begonnen hat. Und was das für ein Einstand war!

Grohl, mit einer Vergangenheit bei den Grunge-Superstars Nirvana und als sonniger Frontmann der Foo Fighters, ist aber nur ein Drittel dieser Starbesetzung. Das zweite Drittel besetzt Josh Homme, einst bei Kyuss, heute hauptberuflich Chef der Queens Of The Stone Age. Das dritte Drittel nimmt schließlich jener Mann ein, vor dem sich die beiden anderen im Konzert mehrfach verbeugten - John Paul Jones, heute sportliche 64 Jahre alt und einst Bassist bei Led Zeppelin, heilig, heilig, heilig.

Diese drei haben im Vorjahr aus Gründen nicht nachvollziehbarer Unausgelastetheit nämliche Crooked Vultures gegründet und ein Album veröffentlicht. Dieses litt ein wenig an Kraftlackeltum, mit dem der schwer dröhnende Rock der Band gereicht wurde. Es mangelte an Lockerheit, an einer nachempfindbaren Spiellaune, schlicht an Sexiness.

Doch von diesen Defiziten war live nichts zu spüren. Am ausverkauften Open-Air-Gelände, auf dem Homme bereits 2003 mit den Queens ein Jahrhundertkonzert gegeben hatte, durfte sich die Band über ein Heimspiel in der Fremde freuen. Verstärkt um den wamperten Glatzkopf Alain Johannes, der mit der Anmutung eines Metzgers die zweite Gitarre spielte, immer wieder auch slide, wüteten diese vier apokalyptischen Reiter durch ihr titelloses Album.

Gefistelter Blues

Schon bei dem mit Fistelstimme vorgetragenen Scumbag Blues verlor sich die Band irrlichternd in gepflegtem Wahnsinn. Homme begann mit Jones eine Jam-Session, während deren der britische Sir seinem Bass den Funk entlockte.

Homme und Johannes hielten dem grimmig bis gefühlvoll dagegen. Zehn Minuten und länger ging das, Bierbecher flogen wie die Liebeserklärungen Frischverliebter durch die Nacht. Derlei Jams gab es im Konzertverlauf noch einige. Mitunter uferten sie in Albernheiten aus, die man jetzt rein musikalisch nicht gebraucht hätte. Aber der Band bei diesem Spaß zuzusehen verantwortete auch vor der Bühne dieselben Glückszustände wie da oben. Grateful Dead hin, 13th Floor Elevator her.

Hart spielen, das kann (fast) jeder. Hommes große Kunst ist es, diese Härte mit spielerischer Leichtigkeit an den Mann und an die extra begrüßten Frauen zu bringen. Sein Hüftschwung, der ihn wie einen rothaarigen Elvis erscheinen lässt, schadet diesem Eindruck nicht. Auch wenn der rote Elvis am Anfang eines Gewichtsproblems steht. Egal. Andere bolzen, Homme tänzelt, während er einem die ärgsten Riffs aus dem Urschlamm des Blues um die Ohren haut.

"Caligulove"

Das tat er in Songs wie Dead End Friends, New Fang oder dem bescheuerten Caligulove, bevor es mit Warsaw Or The First Breath You Take After You Give Up nach zwei Stunden Heavy-Rock-Segnungen in die Nacht ging.

Homme, Grohl, Jones und Johannes verneigten sich ensemblehaft und geschmeichelt vor ihrem Publikum. Kusshändchen hier, Gebrüll da. "Thank you, Vienna" und Applaus. Was für ein Abend! Sogar das Sauwetter legte angesichts dieser Glanzvorstellung eine Trockenpause ein. (Karl Fluch, DER STANDARD/Printausgabe, 05./06.06.2010)