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Meist sind die Immobilien- und Expansionsabteilungen der Lebensmittelhändler für die Standortauswahl ihrer Super- und Verbrauchermärkte zuständig. Die Größe der Grundstücke
und Gebäude richtet sich nach dem jeweils geplanten Vertriebstyp.

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Handelsketten wählen den Standort ihrer Filialen nach bestimmten strategischen Kriterien aus. Dabei spielt die gute Verkehrsanbindung eine ebenso große Rolle wie die regionale Kaufkraft. Und Fläche schadet auch nicht.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum eine Lidl-Filiale vielfach in der Nachbarschaft eines Hofer-Marktes zu finden ist? "Lidl will vom Bekanntheitsgrad des Konkurrenten profitieren", weiß Michael Oberweger, Leiter Consulting beim Standortberater und Marktanalysten RegioPlan, die Antwort. "Auf diesem Wege will Lidl Marktanteile gewinnen." Andere Standort-Strategien würden wiederum darauf abzielen, den Ertrag zu steigern, sagt er.

Die Entscheidung, wie und an welchem Standort sich eine Filiale ansiedelt, wird meistens in der jeweiligen Immobilien- bzw. Expansionsabteilung einer Handelskette getroffen. "Bei großen Marktteilnehmern gibt es entsprechende Erfahrungswerte, um auch die 1001. Filiale erfolgreich werden zu lassen", sagt Oberweger.

Die Rewe International AG, zu denen die Handelsfirmen Billa, Merkur, Bipa, Penny und Adeg gehören, beispielsweise vertraut daneben auch auf Partnerbetriebe und kooperative Zusammenarbeit. "Auch sind wir flexibel, was die Übernahme aller baulichen Leistungen oder auch fertiger Gewerbeprojekte in den verschiedenen Varianten – Kauf, Miete, Pacht – betrifft", schildert Rewe-Sprecherin Corinna Tinkler. Generell werden Grundstücke zwischen 2000 und 15.000 Quadratmeter in verkehrsgünstigen Lagen und Geschäftsflächen zwischen 250 und 4500 Quadratmetern in innerstädtischen Lagen sowie in Einkaufs- und Fachmarktzentren gesucht.

Flexibel durch Vertriebstypen

Je nach Handelsfirma variieren dabei die Anforderungen, wie Tinkler beschreibt: So sind für den Supermarkt Billa Geschäftsflächen von 600 bis 1000 und für den Diskonter Penny 700 bis 1000 Quadratmeter gefragt. Merkur setzt bei seinem Verbrauchermarkt-Konzept auf Flächen von 1500 bis 4500 Quadratmeter. Und für den Nahversorger Adeg kommen Flächen ab 450 Quadratmeter infrage.

"Prinzipiell gilt: Überall dort, wo entsprechender Bedarf besteht, wo eine gewisse Kaufkraft vorhanden ist, zahlt es sich aus, einen Supermarkt zu errichten", sagt Nicole Berkman von Spar Österreich. Auch Spar hat vom Nahversorger über den Hypermarkt bis zum Feinkostladen alle Handelsgrößen im Portefeuille. Aufgrund dieser Vertriebstypen kann man flexibel agieren. So spielt etwa bei Spar Gourmet in erster Linie die Kaufkraft der Umgebung eine Rolle, während ein Interspar-Hypermarkt mit bis zu 50.000 Artikeln im Sortiment, eine entsprechende Verkehrsanbindung und ein großes, überregionales Einzugsgebiet braucht.

Diskonter Hofer eröffnet seine Filialen an Standorten mit einem Einzugsgebiet von 15.000 Einwohnern, um "einen schnellen Warenumschlag und damit die Frische der Produkte sicherstellen zu können", wie auf der Unternehmens-Website nachzulesen ist. Ein Kriterium lege man sowohl in den Innenstädten als auch in ländlichen Gebieten auf Immobilien und Grundstücke mit einem ausreichenden Parkplatzangebot in der Nähe. Die Verkaufsfläche sollte jedenfalls mindestens 650 Quadratmeter zulassen, zu bebauende Grundstücke sollten eine Fläche von 4500 Quadratmeter haben.

Zersiedelung, ein "großes Thema"

Bei Widmung, Erschließung und Bebauung spielen die Gemeinden eine entscheidende Rolle: "Eine Widmung ist aber immer schwerer zu bekommen", sagt Consulter Oberweger, "vor allem wenn auf der grünen Wiese gebaut werden soll." Außerdem: Neun Bundesländer hätten neun unterschiedliche Raumordnungen und Raumplanungsgesetze. "Für große Märkte", sagt Nicole Berkmann, "ist es besonders schwer, Genehmigungen zu erhalten."

Hier kommt ein oft gehörter Kritikpunkt ins Spiel: Zersiedelung. "Das ist ein großes Thema", sagt Berkmann, aber man versuche gegenzusteuern: "Neben einer Expansion auf der grünen Wiese bemühen wir uns auch weiterhin um die Entwicklung des klassischen Nahversorgers." Die Rewe wiederum sei bestrebt, dem Wunsch nach einem Nahversorger einerseits und dem Bedürfnis der Anrainer, welche diesen lieber nicht in der Nachbarschaft haben möchten, zu entsprechen. "So ist die Erreichbarkeit mit dem Auto sowie das Vorhandensein von Parkplätzen gerade für unsere Standorte ein wichtiges Auswahlkriterium genauso wie die Verkehrslage, die die tägliche Anlieferung der Waren ermöglichen muss", schildert Tinkler.

Michael Oberweger sieht bezüglich Zersiedelung eine Stabilisierung: "Die Verschiebung der Marktanteile von der Innenstadt zu den peripheren Standorten hat sich konsolidiert." Während Hofer-Hauptgeschäftsführer Friedhelm Dold Anfang des Jahres die Expansion für beendet erklärte, wollen zumindest Rewe und Spar davon nichts wissen: Wir investieren weiter, heißt es von beiden Seiten. (Markus Böhm, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29/30.5.2010)