Wien - Die Umsetzung des verpflichtenden Hundeführscheins für Kampfhunde ist in Wien nur noch reine Formsache. Am 1. Juli tritt das Gesetz in Kraft, Hundebesitzer haben noch eine Übergangsfrist bis Jahresende. Wer danach beim Gassigehen ohne Schein erwischt wird, muss mit einer saftigen Geldstrafe rechnen. Reine Formsache war am Dienstag im Ministerrat auch der Beschluss zu den erforderlichen Änderungen im Wiener Tierhaltegesetz: Die Bundesregierung hat "der im Gesetzesbeschluss vorgesehenen Mitwirkung von Bundesorganen (Polizei, Anm.) ..." zugestimmt.

Beweislast beim Besitzer

In sich haben es allerdings die Anmerkungen im Vortrag an den Ministerrat, der dem Standard vorliegt - unterzeichnet von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Demnach fehlt es "für die ... zu treffende Festlegung hundeführerscheinpflichtiger Hunde(rassen) und Kreuzungen an gesetzlichen Determinanten". Außerdem sei der Nachweis durch ein Gutachten, "dass ein bestimmter Hund nicht unter Abs. 2 (Kampfhunde, Anm.) fällt, nicht immer eindeutig möglich. Deshalb erscheint die normierte Beweislastumkehr problematisch." Sprich: Es wird als bedenklich erachtet, dass der Besitzer nachweisen muss, dass sein Hund kein so genannter Kampfhund ist.

Weiters wird angemerkt, dass die Polizisten "durch die mit dem Gesetzesbeschluss geschaffene Rechtslage vor beträchtliche Vollziehungsprobleme gestellt werden". Es könne nämlich nicht vorausgesetzt werden, dass sie mit den Merkmalen der betroffenen zwölf Hunderassen vertraut seien. "Umso mehr gilt dies für Kreuzungen dieser Hunde untereinander, wo doch selbst Fachleute nicht mit Sicherheit festzustellen vermögen, welche Rassen in einem zu beurteilenden Hund vereint sind." Die neuen Bestimmungen seien insgesamt nicht so gestaltet, dass "die Vollziehung des Gesetzes hinsichtlicher der normierten Mitwirkungsverpflichtung der Bundespolizei ohne Weiteres sichergestellt werden kann".

Schwerpunktkontrollen zum Hundeführschein seien derzeit keine vorgesehen, sagt Peter Goldgruber, Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung der Wiener Polizei. Bei einem Verstoß gegen die Leinen- und Beißkorbpflicht oder bei Beschwerden werde der Schein eben mitkontrolliert. Die Polizisten würden eventuell eine Foto des Tieres machen, für die Feststellung der Rasse seien danach die Sachverständigen des Veterinäramtes zuständig.

"Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen und haben von dort keine negativen Rückmeldungen erhalten", sagt eine Sprecherin von Umweltstadträtin Ulli Sima (SP). Der Verfassungdienst des Bundeskanzleramts habe das Gesetz für in Ordnung befunden.

"Selbst der Bundeskanzler übt offene Kritik am Wiener Bürgermeister wegen dessen Husch-pfuschregelung beim Hundeführschein", betont Wiens VP-Chefin Christine Marek. Wenn man gegen die Meinung namhafter Experten "aus populistischen Gründen an einer Rassenliste festhält, braucht man sich nicht zu wundern, dass dieses Gesetz zerpflückt wird". (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD, Printausgabe, 2. Juni 2010)