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Neuseelands Teamchef Richard Herbert (49) ist Optimist.

Foto: REUTERS/Lucy Nicholson

St. Lambrecht - Warum nur, frägt man Richard "Ricki" Herbert, seit 2005 Teamchef des neuseeländischen Fußballteams, bereitet er seine Kicker - vom neuseeländischen Standpunkt betrachtet - just am anderen Ende der Welt auf die WM vor? "Wir haben gute Dinge gehört, es gibt kaum einen Zeitunterschied zu Südafrika. Und es ist wirklich nett hier." Zunächst übten sie im steirischen, vom Benediktiner Stift beherrschten St. Lambrecht, bis zum 5. Juni weilen sie in Bad Waltersdorf.

Vor allem gehe es darum, die Zeit gemeinsam zu verbringen. Schließlich sind die Kicker über die ganze Welt verstreut, arbeiten in Australien, England, Schottland, Dänemark, in den USA, ein paar auch daheim. Und im Gegensatz zu den Spaniern in Schruns oder den Engländern in Irdning haben es die Neuseeländer nicht notwendig, sich in St. Lambrecht abzuschotten, was sowohl am anderen Ende der Welt, als auch am 78. Weltranglisten-Platz liegen mag. Mitunter, in der trainingsfreien Zeit, sind sie auch in den Gasthäusern der Marktgemeinde anzutreffen, und sie geizen nicht mit Autogrammen, wenn sie darum gebeten werden.

An sich sind ja die All Blacks die große Nummer in Neuseeland, die schwarzgewandeten Rugbyspieler, die 1987 Weltmeister wurden, gegenwärtig die Weltrangliste anführen und 2011 die WM-Gastgeber mimen. Was haben da vergleichsweise die All Whites zu bestellen, die weißgewandeten Kicker? "Fußball ist der Sport Nummer eins. Für Kinder", sagt Herbert. "Aber jetzt, da wir zurück sind auf der Weltbühne, ist die ganze Nation aufgeregt. Es herrscht eine große Euphorie."

Einmal, bei der WM 1982 in Spanien, haben die Neuseeländer diese Bühne schon betreten. Mit Verteidiger Ricki Herbert, der später auch bei Wolverhampton in England wirkte, verloren sie ihre drei Vorrundenpartien. Diesmal sind sie nicht zuletzt deshalb dabei, weil die Australier zur Quali in der Asienzone antreten mussten. Die Neuseeländer dominierten in Rest-Ozeanien und gewannen die beiden Entscheidungsspiele gegen Bahrain, den Fünften der Asienzone, in Summe mit 1:0. Dass man 2006 gegen Vanuatu verlor, war ein Unfall. "Aber es schmerzt noch immer", sagt Herbert.

In Neuseeland gibt es nur einen einzigen Profiklub, Wellington Phoenix FC. Der muss aber nicht gegen sich selbst kicken, sondern ist in der A-League in Australien engagiert, belegte zuletzt in der Zehnerliga immerhin Platz vier. "Zum letzten Heimspiel kamen 33.000 Zuschauer", berichtet Herbert, der in Personalunion auch den Trainer von Phoenix macht.

Und was traut er in Südafrika seinen All Whites zu, die in der Gruppe F gegen Weltmeister Italien, Paraguay und die Slowakei antreten werden? "Wir wollen etwas mitnehmen von der WM, wir haben ja noch nichts, keinen Punkt, keinen Sieg. Und ich glaube, dass es uns diesmal gelingen wird. Die Mannschaft war noch nie so gut wie heute." Und das sagte Herbert noch vor dem überraschenden 1:0-Sieg im Klagenfurter Testspiel gegen Serbien. Nachher sagte er: "Das war der größte Sieg unserer Fußballgeschichte. Das gibt Selbstvertrauen. Wir haben der Welt gezeigt, dass wir mithalten, gegen jeden ein Tor erzielen können." (Benno Zelsacher, DER STANDARD, Printausgabe, Mittwoch, 2. Juni 2010)