Aufenthaltsort Praterstern: Nicht nur Obdachlose, sondern auch einkommensschwächere Menschen, nützen den Praterstern gerne als Aufenthaltsort.

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Polizei, Bezirksvorstehung und das Sozialarbeit-Projekt SAM 2 stellen am Praterstern ein Maßnahmenpaket zur Sicherheit an dem "Hotspot" vor.

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Doppelt so viele Polizistinnen und Polizisten wie bisher sind künftig am Praterstern unterwegs.

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Eine Passantin zeigt sich erfreut über die Ankündigungen.

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Mit knieweichem Gang, offenbar alkoholisiert, steuert ein Mann in der Bahnhofshalle am Praterstern auf einen Stehtisch voll kleiner Mineralwasserflaschen zu. "Nein, die sind leider nicht für sie", entgegnet ihm höflich eine Polizistin. Wenige Minuten später wird hier von ranghohen Polizeibeamten, dem Verein Wiener Sozialprojekte und dem Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Gerhard Kubik, ein Maßnahmenpaket in Sachen "Sicherheit am Praterstern" vorgestellt. Eine der Maßnahmen ist bereits bei der Präsentation inmitten von Fahrgästen und Passanten nicht zu übersehen: Die Polizeipräsenz am "Hotspot Praterstern" wird ab sofort verdoppelt, verkündet Landespolizeikommandant Karl Mahrer. Erklärtes Ziel ist die Erhöhung des viel zitierten "subjektiven Sicherheitsgefühls".

Alkoholkranke am Praterstern

Dieses wird am Praterstern offenbar von marginalisierten Menschen, vor allem von Alkoholkranken beeinträchtigt. Durchschnittlich 40 bis 50 Personen waren laut einem Bericht des mobilen Sozialarbeit-Projekts SAM 2 am Bahnhof und Umgebung zuletzt anzutreffen. Besonders der Platz zwischen dem Vordach der Wiener Linien und dem Tegetthoff-Denkmal ist beliebt und wird von Dreier- und Vierergruppen gerne als Aufenthaltsort benutzt. "Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um Obdachlose, sondern auch um einkommensschwache Personen mit einer kleinen Wohnung, die hier ihre Freizeit verbringen oder im öffentlichen Raum Alkohol konsumieren", erklärt SAM-2-Leiter Markus Bettesch gegenüber derStandard.at. "Für diese Menschen bedeutet der Praterstern auch ein Spektakel, an dem sie partizipieren können."

Konflikte gibt es vor allem in den verschiedenen Gruppen untereinander, Übergriffe auf andere kommen "sehr selten" vor, wie auch der Kommandant der Polizeiinspektion Praterstern, Günther Karnau und Stadtpolizeikommandant Oberst Karl-Heinz Zeiler bestätigen. "Bei Passanten sorgt es aber auch für Irritationen, wenn sie nicht selbst bedroht, sondern nur Zeugen einer Auseinandersetzung werden", erklärt Bettesch. Der Sozialarbeiter und acht MitarbeiterInnen, darunter auch SoziologInnen, PsychologInnen und LebensberaterInnen unterschiedlicher Herkunftsländer sind täglich im Einsatz, um bei Konflikten deeskalierend einzugreifen aber auch desintegrierte Menschen an zuständige soziale Institutionen weiterzuvermitteln.

Erhöhte Polizei-Präsenz ist "gute Sache"

"Wir haben es einfacher als die Polizei, da wir nicht so stigmatisiert sind, die Scheu ist uns gegenüber ist geringer", so Bettesch. Spätestens bei körperlichen Übergriffen ziehen die SAM-2-MitarbeiterInnen aber die Polizei hinzu, deren erhöhte Präsenz der Sozialarbeiter für "eine gute Sache" hält: "Es wird die Atmosphäre vermittelt, dass auf den Platz geschaut wird. Das subjektive Sicherheitsgefühl ist so höher als etwa mit Videokameras."

Begrüßt wird die gesteigerte Polizeipräsenz am Praterstern, die es laut Mahrer dank 272 zusätzlicher PolizistInnen künftig auch an anderen Wiener Plätzen, Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen geben soll, etwa von einer ansässigen Trafikantin und ihrem Kollegen. Vor allem Abend würden sich Betrunkene unangenehm bemerkbar machen. Gerade auch Frauen berichten immer wieder von unangenehmen Begegnungen speziell zu späterer Stunde. Eine Passantin, die sich im Anschluss an die Polizei-Pressekonferenz zu Wort meldet, ist von den Ankündigungen angetan und berichtet von einem anderen Drogenumschlagplatz in der Stadt, an dem "Katz und Maus gespielt" werde.

"Drogen sind kein Thema"

"Drogen sind am Praterstern, von vereinzelten Konsumenten abgesehen, kein Thema", erklärt Bettesch. Bestätigt wird dies von Bezirksvorsteher Kubik ebenso wie den Polizisten vor Ort. Alkoholkranke und Drogenabhängige seien zwei verschiedene Szenen, die sich in der Regel nicht gut vertragen und gegenseitig verdrängen, lautet die Erklärung. "Es ist aber wichtig, dass der Drogenhandel auch hier konsequent verfolgt wird, um einen Aufenthalt der Szene von Anfang an zu verhindern", betont Andrea Jäger von der Sucht und Drogen Koordination Wien. Gleichzeitig werde die niederschwellige Drogenbetreuung verdoppelt.

Für rund 200.000 Euro renoviert und modernisiert werden soll indessen die Polizeiinspektion Praterstern, die Mahrer als eine "Anlaufstelle für die Bevölkerung" verstanden wissen will. Eine Maßnahme wohl nicht zuletzt im Zeichen des "subjektiven Sicherheitsgefühls". Tatsächlich sei der Praterstern relativ sicher, so SAM-2-Leiter Bettesch. Woraus sich die Konflikte am Praterstern nach Ansicht des Sozialarbeiters denn nun ergeben? Ganz einfach: "150.000 Menschen frequentieren den Bahnhof täglich - alle mit unterschiedlichen Bedürfnissen." (Karl Gedlicka, derStandard.at, 1. Juni 2010)