Nürnberg - Das Frühjahr und die anziehende Konjunktur haben frischen Wind in den Arbeitsmarkt gebracht. Die Zahl der Arbeitslosen ging im Mai im Vergleich zum Vormonat um 165.000 auf 3,242 Millionen zurück, wie die deutsche Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Nürnberg mitteilte. Das ist der niedrigste Mai-Stand seit 1992. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Rückgang 217.000. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,4 Prozentpunkte auf 7,7 Prozent.

Trotz der guten Zahlen warnte der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise, vor Euphorie. "Die Wirtschaftskrise wirkt sich weniger aus als befürchtet, aber sie ist dennoch sichtbar", erklärte er.

Die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen werte es vor allem als positiv, dass die Nachfrage nach Beschäftigten weiter steige: "Da bewegt sich was am Arbeitsmarkt", sagte sie in Berlin.

Weise erklärte, Hauptmerkmal der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sei der Strukturwandel mit dem spürbaren Abbau von Vollzeitstellen im verarbeitenden Gewerbe und dem gleichzeitigen Aufbau von Teilzeitstellen im Dienstleistungsbereich. Außerdem werde konjunkturelle Kurzarbeit weiter stark nachgefragt. Diese habe sich zwar seit ihrem Höchststand im Mai 2009 mit 1,5 Millionen Beschäftigten halbiert, sei aber immer noch auf einem höheren Niveau als erwartet.

Laut BA nahmen im ersten Quartal 693.000 Beschäftigte das konjunkturelle Kurzarbeitergeld in Anspruch und arbeiteten im Durchschnitt 33 Prozent weniger. Dadurch wurden umgerechnet 226.000 Vollzeitstellen gerettet. Unter Einbeziehung des sogenannten saisonalen Kurzarbeitergeldes für Außenberufe blieben sogar 305.000 Stellen erhalten.

Kontinuierlicher Rückgang

Die Zahl der Neuanmeldungen hat sich nach den Angaben von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker seit Jänner kontinuierlich verringert, liege aber noch zu hoch, um von einer normalen Entwicklung am Arbeitsmarkt zu sprechen. Erfreulich sei jedoch, dass der Rückgang der Kurzarbeit offensichtlich größtenteils in eine Rückkehr zu Vollarbeit und nicht in Arbeitslosigkeit mündete.

Von Kurzarbeit besonders stark betroffen sind nach wie vor der Südwesten Deutschlands sowie Nordbayern, Sachsen und Teile Nordrhein-Westfalens. Die höchsten Kurzarbeiterquoten weisen Schweinfurt, Villingen-Schwenningen und Landau aus. Unterteilt in Branchen ist Kurzarbeit weiterhin im Maschinenbau stark vertreten, wo jeder sechste Beschäftigte "kurz" arbeitet. Ebenfalls betroffen sind die Metallbearbeitung, das produzierende Gewerbe, der Automobilbau und die Textilindustrie.

Für 2010 schließt die Bundesagentur einen Rückgang der Arbeitslosigkeit auf durchschnittlich weniger als 3,44 Millionen Menschen nicht aus. "Es könnte einen Tick besser werden", sagte Weise. Doch auch wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt bisher besser als befürchtet entwickelt habe, bleibe sie "mindestens für den Rest des Jahres" unsicher, betonte er. Als Risikofaktoren nannte er neben der Schuldenkrise in der Euro-Zone auch das Auslaufen einiger Konjunkturprogramme und die wieder schlechtere Verbraucherstimmung.

Positiv entwickelt hat sich die Finanzsituation der Behörde: Die Ausgaben lagen Ende Mai mit knapp 19 Mrd. Euro etwas unter der Planung, die Einnahmen mit 17,4 Mrd. Euro dafür leicht im Plus. Dadurch ergab sich ein Defizit von 1,6 Mrd. Euro statt geplanter 3,3 Mrd. Euro. Angesichts dieser Entwicklung hält Weise für das Gesamtjahr einen Verlust von nur noch 14 Mrd. Euro für möglich. Bisher war die Behörde von fast 18 Mrd. Euro ausgegangen. Sie könnte also mit einem Bundeszuschuss von nur 11,1 Mrd. Euro auskommen, statt geplanter 15 Mrd. Euro. (APA/apn)