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Demonstration für das Ende der Gaza-Blockade in Jerusalem.

Foto: AP Photo/Sebastian Scheiner

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Proteste gegen das Vorgehen Israels in Ottawa, Kanada.

Foto: AP Photo/The Canadian Press, Adrian Wyld)

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Der palästinensische UN-Botschafter Riyad Mansour spricht im UN-Sicherheitsrat.

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Jüdischer pro-Palästina Demonstrant in London.

Foto: AP Photo/Akira Suemori

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In Paris kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

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Tel Aviv/New York/Gaza -  Ägypten hat am Dienstag seine Grenze zum Gazastreifen geöffnet und damit die von Israel verhängte Blockade des Küstenstreifens gelockert. Bis auf weiteres könnten Palästinenser die Grenze ungehindert passieren, sagten ägyptische und palästinensische Behördenvertreter. Mehrere hundert Palästinenser verließen das Gebiet über den Grenzübergang Rafah. Im Gegenzug reiste eine kleinere Menschenmenge in den Gazastreifen ein.

Der ägyptische Grenzübergang Rafah ist der einzige zum Gazastreifen, der nicht vollständig von Israel kontrolliert wird. Seit der Machtübernahme der radikalen Hamas in dem Palästinensergebiet vor drei Jahren hat Ägypten den Übergang nur selten geöffnet.

Die Grenzöffnung folgte einen Tag nach dem gewaltsamen Militäreinsatz Israels gegen eine Schiffsflotte mit Gütern für den Gazastreifen, bei dem mindestens neun Aktivisten getötet und etwa 30 verletzt wurden. Das Abfangmanöver löste weltweit einen Sturm der Entrüstung aus. Selbst enge Verbündete Israels äußerten Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Gewalt und forderte eine unparteiische Untersuchung.

Mindestens vier Türken unter den Toten

Unter den neun von Israel getöteten Gaza-Aktivisten sind nach Angaben der türkischen Regierung mindestens vier Türken. Der Tod dieser vier Bürger sei bestätigt, teilte das Außenministerium in Ankara am Dienstag mit.

Bei den übrigen fünf Toten handle es sich vermutlich ebenfalls um Türken. Die israelischen Behörden versuchten noch immer, die Nationalität der fünf Menschen zu bestätigen, die bei der Kommandoaktion am Vortag getötet wurden, hieß es weiter.

UN-Sicherheitsrat verurteilt Militäraktion

Der UNO-Sicherheitsrat hat Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit der israelischen Militäraktion gegen eine Flotille mit Hilfsgütern für den Gazastreifen verurteilt. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen erklärte nach zehnstündigen Beratungen am Dienstag in New York, es verurteile die Handlungen, die zum Tod von Zivilisten geführt hätten. Zugleich forderte der Rat die sofortige Freigabe der von Israel aufgebrachten Schiffe und die Freilassung festgenommener Zivilpersonen. Außerdem verlangte der UNO-Sicherheitsrat eine sofortige, unparteiische, glaubwürdige und transparente Untersuchung des Zwischenfalls.

629 Aktivisten weiter Haft

679 Zivilisten an Bord der von Zypern aus gestarteten Schiffe wurden festgenommen.Nach Angaben des israelischen Innenministeriums wurden am Dienstag 50 Ausländer, die sich zur freiwilligen Ausreise bereiterklärt hätten, zum Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv gebracht. 629 andere hätten dies abgelehnt und blieben vorerst in Gewahrsam. Etwa 30 Aktivisten lägen mit Verletzungen im Krankenhaus.

Israel hatte allein bis zum Dienstagmorgen 610 Aktivisten der mehr als 700 pro-palästinensischen Aktivisten im Ela-Gefängnis inhaftiert. Wie ein Sprecher der Gefängnisverwaltung weiter mitteilte, befindet sich die Haftanstalt in Beerscheva in der Negev-Wüste. Das Gefängnis für Kriminelle sei neu gebaut und erst vor zehn Tagen in Betrieb genommen worden. Die Gefangenen teilten sich Zwei- oder Vier-Mann-Zellen. Weil sie zumeist ohne persönliche Gegenstände angekommen seien, habe man sie mit Unterwäsche, Toilettenartikeln sowie mit Flip-Flops versorgt, sagte der Sprecher.

Medienberichten zufolge hatten die Aktivisten am Vortag nach der Erstürmung ihrer Schiffe die sofortige Ausreise verweigert und waren deswegen in ein Gefängnis gebracht worden. In den kommenden Tagen sollen sie in Israel vor Gericht gestellt werden, hieß es.

Deutsche zurück, Italiener in israelischem Gewahrsam

Nach der blutigen Erstürmung eines Hilfskonvois für die Palästinenser durch die israelische Armee sind fünf von insgesamt elf deutschen Aktivisten wohlauf nach Deutschland zurückgekehrt. Die fünf Teilnehmer der Hilfsaktion, darunter die beiden deutschen Bundestagsabgeordneten der Linken, Annette Groth und Inge Höger, seien am Dienstagvormittag in Berlin gelandet, sagte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle forderte Aufklärung über das Schicksal der anderen deutschen Staatsangehörigen, die auf Schiffen des von israelischen Soldaten angegriffenen Konvois pro-palästinensischer Aktivisten waren.

Sechs Italiener befinden sich nach der Erstürmung der "Gaza-Hilfsflotte" in israelischem Gewahrsam. Dies bestätigte das italienische Außenministerium am Dienstag. Unter ihnen sei eine Journalistin und ein Sänger, berichteten italienische Medien am Dienstagmorgen. Ein Funktionär des Außenministeriums sollte im Laufe des Tages mit den Festgenommenen zusammenkommen.

EU fordert Aufhebung der Gaza-Blockade

Nach Israels Angriff auf die Gaza-"Solidaritätsflotte" hat die Außenpolitik-Beauftragte der EU, Catherine Ashton, eine Aufhebung der Gaza-Blockade verlangt. Ashton versicherte nach Angaben eines EU-Kommissionssprechers am Dienstag in einem Telefonat mit dem palästinensischen Ministerpräsident Salam Fayyad, sie wolle "die Bemühungen in dieser Hinsicht verstärken und mit den EU-Mitgliedstaaten erörtern, wie man in dieser Richtung weiter arbeiten soll".

Ashton habe gegenüber Fayyad ihr "tiefes Bedauern" über die Toten und ihre Sorge über mögliche europäische Opfer bei der israelischen Militäraktion ausgedrückt, sagte der Sprecher in Brüssel. Sie habe ihre Forderung nach einer "sofortigen und unparteiischen Untersuchung" des Vorfalls wiederholt.

Die EU-Außenpolitik-Beauftragte hatte am Montag noch eine Untersuchung durch Israel verlangt. Sie habe ihre Meinung nicht geändert, da noch immer die israelischen Stellen den Vorfall aufklären müssten, sei aber ganz im Einklang mit der vom UNO-Sicherheitsrat verlangten unparteiischen Untersuchung, sagte der Kommissionssprecher am Dienstag.

Ashton habe sich bei Fayyad auch nach den Chancen einer Versöhnung der rivalisierenden Palästinenser-Gruppen erkundigt, sagte der Sprecher in Hinblick auf die im Gaza-Streifen herrschende radikal-islamische Hamas-Organisation. Ashton habe dem palästinensischen Ministerpräsidenten gesagt, dass sie einen Besuch von Präsident Mahmoud Abbas in Gaza begrüßen würde. Sie habe in dem Telefonat außerdem ihren Wunsch nach einem Treffen mit Fayyad "in den nächsten Wochen" in Brüssel zum Ausdruck gebracht.

Türkei: "Schweres Verbrechen"

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bezichtigte Israel eines "schweren Verbrechens". Es gebe keine Entschuldigung und keine Rechtfertigung für die Tat, sagte Davutoglu bei einer Dringlichkeitssitzung des höchsten UNO-Gremiums.

USA tief besorgt

Die USA erklärten sich "tief besorgt" über die Entwicklung, übten aber auch Zweifel an dem Vorgehen der Aktivisten. Es gebe bessere Wege, als humanitäre Gütern an der Gazaküste anzuliefern, sagte der stellvertretende US-Botschafter Alejandro Wolff.

Großbritannien fordert Erklärung

Großbritannien forderte Israel auf, eine Erklärung für den Verlust von Menschenleben zu liefern. Allerdings sei das Drama im Mittelmeer "kein isoliertes Ereignis". Vielmehr zeige es deutlicher denn je, dass Israel die Blockade des Gazastreifens aufgeben müsse, sagte der britische UNO-Botschafter Mark Lyall Grant. Der französische UNO-Botschafter Gerard Araud forderte, die Ermittlungen zu dem tödlichen Einsatz im Mittelmeer müssten internationalen Standards genügen. US-Vertreter Wolf rief Israel dagegen nur zu einer umfassenden Untersuchung auf.

Österreich: Mangelnde Einhaltung von UN-Resolutionen

Der österreichische UNO-Botschafter Thomas Mayr-Harting machte Israel wegen mangelnder Einhaltung von UNO-Resolutionen für die Situation verantwortlich. Er forderte die Regierung in Tel Aviv auf, sich an die internationalen Gesetze zu halten. Der türkische Außenminister Davutoglu nannte den israelischen Militäreinsatz "staatlich begangenen Mord" und Piraterie. Der palästinensische Beobachter bei den Vereinten Nationen, Riyad Mansur, warf den israelischen Streitkräften Kriegsverbrechen vor. Die Palästinenser forderten eine unabhängige, unparteiische Untersuchung, sagte Mansur.

Das Blutvergießen in internationalen Gewässern hätte vermieden werden können, wenn die wiederholten Forderungen an Israel, "die kontraproduktive und inakzeptable Blockade des Gazastreifens" zu beenden, beherzigt worden wären, sagte der beigeordnete UNO-Generalsekretär Oscar Fernandez-Taranco.

Israelischer UN-Botschafter: Flotille war keine humanitäre Mission

Der stellvertretende israelische UNO-Botschafter Manuel Carmon verteidigte sein Land mit den Worten: "Diese Flotille war alles andere als eine echte humanitäre Mission." Vielmehr hätten die Aktivisten Israel provozieren wollen. Darum hätten sie auch das Angebot der Behörden zurückgewiesen, die Hilfsgüter auf dem Landweg in den Gazastreifen transportieren zu lassen. Carmon bekräftigte: "Außerdem gibt es keine humanitäre Krise in Gaza." Israel bedauere den Tod Unschuldiger, "aber es kann seine Sicherheit nicht aufs Spiel setzen". Der Weltsicherheitsrat zog sich später zu Beratungen hinter verschlossenen Türen zurück.

Bei der Konfrontation in internationalem Gewässer, etwa 140 Kilometer vor der Küste, waren mindestens neun Menschen getötet und 30 zum Teil schwer verletzt. Der libanesische UNO-Botschafter Nawaf Salam, Präsident des Sicherheitsrates im Monat Mai, sprach von einem "Piratenakt" der Israelis. Salam hatte die Dringlichkeitssitzung auf Drängen der Türkei einberufen, obwohl der UNO-Hauptsitz am Montag wegen eines amerikanischen Feiertages offiziell geschlossen war. Der Rat ist laut UNO-Charta für den Frieden und die Sicherheit in aller Welt verantwortlich.

Zwei Palästinenser getötet

Bei Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und radikalen Palästinensern im Süden Israels sind nach Medienberichten zwei Palästinenser getötet worden. Wie der staatliche israelische Rundfunk am Dienstag meldete, waren zuvor mehrere bewaffnete Palästinenser aus dem Gazastreifen nach Israel eingedrungen. Sie hätten sich an der Grenze einen Schusswechsel mit Soldaten geliefert.

Abbas will an indirekten Friedensgesprächen festhalten

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas will ungeachtet des israelischen Militäreinsatzes gegen eine Hilfsflotte für den Gazastreifen an den indirekten Friedensgesprächen mit Israel festhalten. Abbas sehe keinen Grund für einen Abbruch der Gespräche, sagte Präsidentenberater Mohammed Ishtayeh nach Beratungen Abbas' mit führenden Funktionären der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) am Montagabend in Ramallah.

Die Palästinenser verhandelten ja nicht mit Israel, sondern mit den USA, begründete Abbas seine Entscheidung. Die indirekten Gespräche unter Vermittlung der USA waren erst kürzlich aufgenommen worden.

Mankell in Gewahrsam der Armee

Der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell, der sich auf dem von Israel abgefangenen Schiffskonvoi für den Gaza-Streifen befunden hat, ist auf der Heimreise nach Schweden. Das berichtet die Boulevardzeitung "Expressen" am Dienstag in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf einen ihrer im selben Flugzeug mitreisenden Reporter.

Der Pressechef im schwedischen Außenministerium, Anders Jörle, dementierte gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT Berichte skandinavischer Online-Medien, wonach Mankell bei dem israelischen Angriff verletzt worden sei. Leichte Gesichtsverletzungen im Tumult an Bord eines der Schiffe habe jedoch der schwedisch-israelische Künstler Dror Feiler davongetragen, hieß es seitens des Sprechers.

Sarkozy fordert Aufhebung der Gaza-Blockade

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat erneut ein baldiges Ende der Abschottung des Gazastreifens gefordert. "Die Katastrophe war vorhersehbar", sagte er mit Blick auf die gewaltsame Erstürmung einer internationalen Gaza-"Solidaritätsflotte" durch die israelische Marine. Er kündigte eine gemeinsame Initiative mit den USA an, um die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang zu bringen. "Sie müssen direkt miteinander reden", betonte er am Rande eines franko-afrikanischen Gipfeltreffens am Dienstag in Nizza.

Zunächst sei aber eine unabhängige und glaubwürdige Untersuchung der Ereignisse nötig, beispielsweise durch die Vereinten Nationen oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Sarkozy verurteilte den israelischen Gewalteinsatz als unangemessen. "Es handelt sich um eine echte Tragödie", sagte er. Es werde Zeit, dass die Politiker der Region sich zu Staatsmännern entwickelten und den Konflikt beendeten.

Gewalttätige Zusammenstöße in Athen und Paris

Bei Protesten gegen die israelische Erstürmung des Schiffskonvois kam am Montag in Athen und Paris zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Vor der israelischen Botschaft in Athen demonstrierten rund 2.500 Menschen. In Paris beteiligten sich laut Polizei rund 1.200 Menschen an dem Protest. Proteste gab es außerdem in Rom und rund 20 Städten in Griechenland. Auch in Schweden, Norwegen, Zypern und weiteren Ländern fanden Demonstrationen statt. In Teheran verbrannten Dutzende Demonstranten israelische Flaggen und warfen Steine gegen UNO-Büros. In der irakischen Hauptstadt Bagdad gingen schätzungsweise 3.000 Menschen auf die Straße. (APA/dpa)