Es ist eine Groteske, die sich gerade in Deutschland abspielt. Bundespräsident Horst Köhler ist beleidigt, weil die Opposition es gewagt hat, seine wirklich sehr schwurbeligen und missverständlichen Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu kritisieren.

Offenbar hat er ein paar Dinge vergessen. Erstens: Wenn man etwas mitzuteilen hat, sollte man - gerade wenn es sich um ein so heikles Thema wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr handelt - Klartext sprechen. Zweitens: Deutschland ist keine Monarchie, sondern eine Demokratie. Da darf man Kritik äußern, sogar am Staatsoberhaupt. Drittens: Ein so mimosenhaftes Verhalten eines Bundespräsidenten ist grundsätzlich unangebracht - noch viel mehr aber, wenn das Land wirtschaftlich schwierige Zeiten durchlebt und politische Stabilität bräuchte.

Nie und nimmer rechtfertigt die Kritik an diesem unseligen Interview Köhlers Hinwerfen. Es ist nicht die Kritik, die das Amt beschädigt, sondern der Rücktritt. Ein Präsident mit Mumm hätte die Sache klargestellt und weitergemacht. Köhler haute ab, weil er generell keine Lust mehr hatte. Von Kanzlerin Angela Merkel fühlte er sich zu wenig unterstützt, seine Mitarbeiter ließen ihn im Stich.

Merkel und auch Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP), seine politischen Zieheltern, sind blamiert und müssen nun hopplahopp irgendwie ein neues Staatsoberhaupt herzaubern. Dabei hätten sie im Moment genug anderes zu tun, sie müssen ein Sparpaket größeren Ausmaßes schnüren. Aber das interessiert Köhler ohnehin nicht mehr. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 1.6.2010)