Beinahe kein Tag ohne ein weiteres, überaus merkwürdiges Detail aus dem Komplex "Die schwarz-blaue Blase". Nun soll Grasser-Freund und Buwog-Kassierer Walter Meischberger vor einer Hausdurchsuchung (in seiner funkelnagelneuen Villa in Wien-Döbling) gewarnt worden sein (siehe Wirtschaft). Meischberger, der ganz dringend gebraucht und mit 700.000 Euro bezahlt wurde, als die Wirtschafts-Uni ein Gebäude wollte und die Telekom eines anzubieten hatte. Hier wie bei der Buwog taucht der Immobilienmakler und FPÖ-Sympathisant Ernst Plech auf, der von Schwarz-Blau an die Spitze des Buwog-Aufsichtsrats gehievt wurde.

Man müsste ein Zeit-Weg-Abhängigkeiten-Diagramm der wirtschaftspolitischen Schlüsselfiguren der schwarz-blauen Koalition zeichnen. Haider-Schüssel-Grasser-Meischberger-Plech: Da geht es um riesige Immobilientransaktionen im staatlichen und staatsnahen Bereich.

Haider-Schüssel-Prinzhorn-Grasser-Stronach: Kaperung der Verstaatlichten Industrie durch Grasser und seine Vertrauten. Ein Ergebnis war die nur knapp verhinderte Verklopfung des Kronjuwels Voest an Magna, bekanntlich früherer Arbeitgeber von Grasser. Ein anderes grandioses Ergebnis war die Einsetzung eines AUA-Managements durch Grasser, das das Unternehmen dann dorthin beförderte, wo es heute ist.

Und noch eine schöne Luft(kampf)linie: der FPÖ-Verteidigungsminister Scheibner wollte den schwedischen Gripen-Jäger, alles schien schon entschieden, bis Grasser bei einem denkwürdigen Frühstück mit Scheibner und Schüssel die Entscheidung auf Eurofighter umleitete.

Die dickste und verschlungenste Linie führt natürlich nach Kärnten. Landeshauptmann Haider ermutigte das Hypo-Management, eine ungeheuer riskante Expansion im kroatischen Staatsmafia-Milieu einzugehen und pleiteträchtige Prestigeprojekte in Kärnten zu finanzieren; als der Trachtenhut schon lichterloh brannte, fanden Haider, das Hypo-Management und der im Kärntner Geldadel verschwägerte Finanzier Tilo Berlin einen überaus kooperativen Käufer in der BayernLB. Im Zuge des Verkaufs konnten unter Anleitung von Tilo Berlin die Creme des südösterreichischen Establishments noch binnen weniger Monate einen 150-Millionen-Euro-Schnitt machen. In der Korrespondenz tauchen die Namen Meischberger/Grasser auf (Ersterer als eine Art Postbox für Letzteren), Grassers Frau Schwiegermama dürfte zu den Nutznießern gehören. Grasser war in der Einfädelungsphase des Deals übrigens noch Finanzminister.

In diesen Verbindungsnetzen hat Grasser eine fixe Position inne. In den laufenden Verfahren wurde er bisher nicht befragt, es gab keine Hausdurchsuchung oder Kontenöffnung bei ihm. Um fair zu sein: Es ist denkbar, dass die Justiz erst rundherum ausrecherchieren will, ehe sie sich an den ehemaligen Finanzminister und Polit-Star wagt.

Grasser steht aber jedenfalls (noch) als der Unantastbare da, der noch dazu in deutschen Talkshows und beim Österreich-Fellner als großer Experte gehandelt wird. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2010)