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Die Polizei trainiert in Südafrika die Gefahrenabwehr - was nicht unwichtig ist, gilt Johannesburg doch als eine der gefährlichsten Städte der Welt.

Foto: EPA/NIC BOTHMA

Standard: Würden Sie nach Südafrika fahren?
Bachler: Selbstverständlich. Zwar nicht zu Zeiten der Weltmeisterschaft, da ist mir zu viel los, aber generell ist Südafrika ein wunderbares Land.

Standard: Würden Sie auch nach Johannesburg fahren?
Bachler: Ja. Das ist aufgrund der Geschichte interessant, es gibt ein sehr turbulentes Leben, und man hat alle Unterschiede dieser Welt zusammengefasst.

Standard: Nun ist aber Johannesburg eine der gefährlichsten Städte der Welt.
Bachler: So ist es. Man muss sich aber bei jeder Reise mit seinem Zielgebiet beschäftigen und sein Verhalten danach orientieren. Dass eine Stadt als eine der gefährlichsten klassifiziert wird, bedeutet aber noch lange nicht, dass man sie zur verbotenen Stadt erklärt. Man kann sich auch in unsicheren Gegenden sicher bewegen.

Standard: Wie?
Bachler: Es beginnt bei der Auswahl des Hotels. Dann sollte man wissen, wie verhalte ich mich am Flughafen. Wie bewege ich mich in der Stadt. Nehme ich mir irgendein Taxi oder organisiere ich mir einen Wagen mit Chauffeur?

Standard: Der Flughafen ist gefährlich?
Bachler: Ich zum Beispiel würde in Johannesburg am Flughafen nicht aufs WC gehen.

Standard: Wieso?
Bachler: Ein Bekannter ist bei der Ankunft schnell aufs WC gegangen und dort überfallen worden. Es gibt ja auch das Problem, dass das Gepäck dort unbeaufsichtigt ist, da ich es kaum in die Kabine mitnehmen kann. Bei einem Langstreckenflug hat man Zeit, noch während des Sinkflugs auf die Toilette zu gehen.

Standard:: Kann der massive Einsatz von Polizei solche Fälle verhindern?
Bachler: Bei Tätern der sogenannten Einserklasse, also Spontantätern, wirkt das durchaus abschreckend. Es kann aber nicht alles verhindern. Aber Sicherheit ist ein gesellschaftliches Problem, da spielen Einkommensverhältnisse und Bildungschancen eine Rolle.

Standard: Auch die Armee soll eingesetzt werden. Ist das auch eine Sicherheitsaufgabe? Denn normalerweise hat eine Armee ja andere Pflichten.
Bachler: Der Einsatz einer Armee bei zivilen Anlässen wird immer diskutiert. Es ist aber auch eine Personalfrage. Die südafrikanische Polizei ist ja vom Personalkalkül her nicht für eine WM aufgestellt worden.

Standard: Trotz Sicherheitskonzepts: Wie gefährlich ist es? Stichwort Carjacking, bei dem das Auto unter Vorhaltung einer Waffe gestohlen wird.
Bachler: Ich versuche, nicht selbst zu fahren. Nehme ich mir einen Mietwagen, dann nur einen mit automatischer Verriegelung. Bei einer unmittelbaren Bedrohungslage fahre ich auch bei Rot über die Kreuzung. Es sind oft so banale Dinge, die für Sicherheit sorgen.

Standard: Kann genau das aber für Touristen nicht zum Problem werden, die diese banalen Dinge vergessen? Habe ich eine Karte für das Viertelfinale, ist die Stimmung gut, ich bin voller Euphorie.
Bachler: Ja. Und das macht uns einen Strich durch die Rechnung. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir in einer anderen Atmosphäre sind, denken wir tendenziell nicht mehr an diese Dinge. Es gibt eben bei Menschenansammlungen genau die Deliktformen, die dazu passen. Der Trickdiebstahl, der Taschendiebstahl. Da muss ich mir im Vorfeld überlegen: Wo trage ich meine Geldbörse, brauche ich die Kreditkarte dabei oder lasse ich sie im Safe? In bestimmten Ländern nehme ich mir Raubgeld mit. Gibt es eine hohe Raubkriminalität, habe ich 20 oder 40 US-Dollar dabei, die ich dem Täter geben kann. Dann ist das Geld weg, aber ich werde wahrscheinlich nicht verletzt.

Standard: Wie gefährlich ist es, sich in der Nacht zu bewegen?
Bachler: Nach dem Schulnotensystem würde ich in Johannesburg die Bewegung in der Nacht bei drei bis vier ansiedeln. Wobei es eine Rolle spielt, in welchem Teil ich mich bewege. Licht ist dabei ein wesentlicher Teil, Licht ist dein Freund.

Standard: Kann ich das Risiko vermindern, dass ich überhaupt Kriminalitätsopfer werde?
Bachler: Die sogenannte Risikokommunikation ist wichtig. Ich kommuniziere ja durch mein Verhalten mit dem Gegenüber. Ganz banal: Wenn ich eine goldene Uhr trage, kommuniziere ich, dass es etwas zu holen gibt. Wie bewege ich mich? Bewege ich mich sicher oder unsicher?

Standard: Wie bewegt man sich denn sicher?
Bachler: Bin ich ständig in einer Defensivhaltung, schaue zu Boden und ständig links und rechts, signalisiere ich Furcht und Unruhe und werde dadurch tendenziell leichter zum Opfer. Gehe ich festen Schrittes und zielorientiert, ist das ein anderes Signal. Man sollte sich aber auch über kulturelle Unterschiede erkundigen. Man kann nämlich durch unüberlegte Dinge furchtbar provozieren.

Standard: Wo liegt in dieser Beziehung in Südafrika das Problem?
Bachler: Das große Thema ist natürlich die Apartheid. Wer glaubt, er kommt in ein Land der Weißen, befindet sich in einem grundsätzlichen Irrtum.

Standard: Wird aber in Wahrheit nicht genau das passieren bei der WM? Die Touristen bewegen sich in weißen Vierteln und werden großteils mit Weißen kommunizieren.
Bachler: Ja, aber ich unterstelle, dass das auch vom Sicherheitskonzept her angesteuert wird. Ich bilde dabei Cluster, wo sich tendenziell Gesinnungsgemeinschaften treffen, was das Konfliktpotenzial reduziert. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass das schön und gut ist.

Standard: Ein weiteres Thema bei jeder Großveranstaltung ist der Terror. Besteht eine Gefahr?
Bachler: Ja, eine latente Gefahr. Allerdings hat Südafrika bisher als Terrorziel keine besondere Rolle gespielt, aber die Öffentlichkeitswirkung ist enorm.

Standard: War es ein Fehler, die WM nach Südafrika zu vergeben?
Bachler: Nein. Denn wenn es aus reiner Sicherheitsüberlegung heraus ein Fehler ist, eine WM nicht zu vergeben, dann können wir gleich kapitulieren. Denn dann hat das Gegenüber, speziell der Terrorist, sein Ziel erreicht.

Standard: Letzte Frage: Wer wird Weltmeister?
Bachler: Keine Ahnung. Ich bin selbst kein Fußballbegeisterter. Aber als relativer Laie würde ich sagen: England oder Deutschland. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, Samstag 29. Mai 2010)