JuLis wollen mit Aktionen auf Fehler im System aufmerksam machen: hier auf Frühpensionen der Beamten

Foto: julisaustria

Eine junge Frau mit Blumen im Haar, ein Megaphon und der Satz: "Gebt der Jugend eine Stimme." So beginnen die Jungen Liberalen (JuLis) ihren Wahlkampf zur Wiener Gemeinderatswahl 2010. Im Wiener Kochsalon im ersten Bezirk präsentiert man zum ersten Mal das Wahlprogramm vor den spärlich besetzten Stühlen und die Bundesparteiobfrau Alegra-Isabel Raising stellt klar: "Das Liberale Forum ist sicher nicht unsere Mutterpartei." Zwar habe es in den 90er-Jahren ein gewisses Naheverhältnis gegeben, "doch wir sind unabhängig und waren schon immer eine eigene Bewegung."

Wahlschlappen bei ÖH- und EU-Parlaments-Wahlen

Gegründet wurden die Jungen Liberalen als "Liberales Studentinnen und Studenten Forum" im Jahr 1993, zeitgleich mit dem Liberalen Forum. Im Jahr 2009 formierte sich die Bewegung aber neu und trat noch im selben Jahr zu den ÖH-Wahlen (konnten kein Mandat erringen) und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament (1,2 Prozent der Stimmen in Wien) an. Die Partei besteht aus sechs Landesgruppen (alle Bundesländer außer das Burgenland, Salzburg und Kärnten). Bei der Wien-Wahl konkurieren sie vor allem mit dem Liberalen Forum, das heuer wieder zum ersten Mal seit 2001 bei den Gemeinderatswahlen kandidieren wird.

Zusammenschluss mit BZÖ ausgeschlossen

Als liberal bezeichnet auch BZÖ-Parteichef Josef Bucher seine Partei und machte sowohl dem Liberalen Forum als auch den Jungen Liberalen in den "Salzburger Nachrichten" das Angebot, bei der Wien-Wahl gemeinsam zu kandidieren. Dadurch hätten die Parteien laut Bucher Chancen, insegsamt 18 Prozent der Wählerstimmen zu erreichen. Ob man sich einen Zusammenschluss bei den JuLis vorstellen könne? Streitenberger schmunzelt und antwortet: "Zwar hat das BZÖ gute wirtschaftspolitische Ansätze aber auf der Funktionärsebene sind sie nicht tragbar. Die geschriebenen Ziele klingen in der Partei immer besser als die populistische Realität." Trotzdem würde man auch weiterhin mit Bucher reden wollen, denn "wir sind eine liberale Partei und sprechen mit allen." Auch mit dem Freien Bündnis Zukunft (FBZ), eine Abspaltung des BZÖ, das durch einen Vertreter bei der Pressekonferenz fragen ließ, ob man inhaltlich übereinkommen könnte.

Chancen: "im Promillbereich"

Die Chancen bei der Wienwahl sieht Politologe Thomas Hofer für die Partei aber eher "im Promillbereich". Zwar gäbe es laut Hofer ein "nicht kleines liberales Potential" in Wien aber würde es den Liberalen "an allem fehlen, was man für so eine Wahl braucht". Als Beispiel nennt er einen fehlenden zugkräftigen Spitzenkandidaten, fehlende Parteistrukturen und eine nicht vorhandene klare Botschaft. Außerdem würden der Wahlkampf vom "Duell um Wien zwischen Häupl und Strache bestimmt sein" und die beiden liberalen Parteien würden sich außerdem "gegenseitig Stimmen wegnehmen".

JuLis sehen sich als "jugendliche Bewegung"

Trotzdem werden die JuLis  mit dem Liberalen Forum (LiF) um ähnliche Wählergruppen buhlen. Doch unterscheiden sie sich laut Angaben des JuLis Spitzenkandidaten Nikolaus Scherak "vom LiF durch unsere Ablehnung von Staatsinvestitionen". Und Bundesgeschäftsführer Raimund Streitenberger fügt hinzu: "Bei uns gibt es keine Definition von links und rechts, wir sind eine jugendliche Bewegung." Die jungen Wähler wolle man vor allem durch einen Web 2.0 Wahlkampf erreichen und setze dabei laut Raising auf "Medien, die wir selbst nutzen und in denen wir uns auskennen, wie Facebook, Twitter oder die ganzen VZs."

Ehrgeiziges Ziel: Budget sanieren

Durch Aktionen wie den Schuldenberg durch aufgehäufte Pappkartons zu symbolisieren, wolle man Jugendliche auf die Verschuldung der Stadt Wien aufmerksam machen. "Wien muss eine Vorbildwirkung im Bereich des Budgets einnehmen", sagt Scherak und liefert auch gleich Vorschläge wie er den Finanzhaushalt auf Vordermann bringen will: "Das Pensionsantrittsalter für Beamte erhöhen, Nulllohnrunde für Gemeindebedienstete und den Gemeinderat auf 60 Personen reduzieren."

Wahlziel: Mandat im Gemeinderat

Finanziert würden die JuLis laut Streitenberger aus mehreren kleinen Privatspenden, die "insgesamt eine fünfstellige Summe" ausmachen würden. "Wir verschwenden keine Steuergelder und erhalten keine staatlichen Hilfen und das ist auch gut so", sagt er. Das würde sicherstellen, dass die Partei unabhängig bleibt. Das erklärte Wahlziel sei der Einzug in den Gemeinderat, da "alles andere illusorisch wäre". Und Scherak beeilt sich hinzuzufügen: "Natürlich wollen wir dann auch aktiv mitarbeiten." (Bianca Blei/derStandard.at/28.05.2010)