"Endlich geht's mal in die andere Richtung", sagt Josef Pröll und lacht. Es regnet, wieder einmal, und der Finanzminister und Vizekanzler (ÖVP) steigt in den Flieger, um Wien zu verlassen. Wieder einmal. Die vergangene Zeit ging es in der Regel nach Brüssel, in den EU-Rat.

Foto: derStandard.at/FINK

Es ging um die Gründung von Taskforces, darum, ein zweites Griechenland zu vermeiden, darum, Budgetsündern auf die Finger zu klopfen, es ging um Banken, Zahlen, Geld und Krise. Am Dienstag aber ging es nach Israel.

Foto: derStandard.at/FINK

Kaum das Flugzeug verlassen, steht schon das erste Treffen mit Amtskollegen Yuval Steinitz auf der Tagesordnung. Finanzminister Steinitz sitzt seit über zehn Jahren für die Likud-Partei (hebräisch für "Vereinigung"), dem größten konservativen Bündnis, in der Knesset, dem israelischen Parlament mit Sitz in Jerusalem.

Foto: photonews.at/Georges Schneider

Internationale Finanzmärkte, der Euro, die Instabilität und das Wirtschaftswachstum: Themen, die das Treffen mit Steinitz wie auch jenes mit dem israelischen Präsidenten Shimon Peres ...

Foto: photonews.at/Georges Schneider

... wie auch dem Gouverneur der Bank of Israel, Stanley Fischer, dominieren. "Zukunftsfelder, in die man in der Zukunft investieren kann", hätten sich wie ein roter Faden durch die Gespräche durchgezogen. Die "großen politischen Felder" hätten sich um die Friedensgespräche gedreht und um den Iran, die große Sorge, wie Pröll sagt.

Foto: photonews.at/Georges Schneider

Auf dem Programm stand der Besuch des Herzl-Grabs, wo das offizielle Österreich einen Kranz niederlegte.

Foto: derStandard.at/FINK

Theodor Herzl ist der Begründer des "politischen Zionismus". Damit trug der österreichische Schreiber wesentlich zur Gründung des Staates Israel bei.

Foto: derStandard.at/FINK

Anschließend ging es in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem (hebräisch für "Denkmal und Name") in Jerusalem. Es ist das weltweit größte und umfangsreichste Memorial, das die Judenermordung vor und während des Zweiten Weltkriegs aufgearbeitet und wissenschaftlich dokumentiert hat.

Foto: derStandard.at/FINK

Eintrag ins Gedenkbuch vor dem Kinder-Memorial.

Foto: derStandard.at/FINK

Das "Denkmal für die Kinder" ist den 1,5 Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Kinder gewidmet. Es ist ein unterirdischer, völlig verdunkelter Raum, in dem Lichter in Spiegeln reflektieren. Eine Frauenstimme zählt Namen, Alter und Geburtsort der Kinder auf.

Foto: derStandard.at/FINK

Pröll: "Ich halte es für notwendig, dass Politiker verstärkt dazu angehalten werden, sich damit auseinanderzusetzen. Und zwar am besten hier vor Ort, also in Israel, oder in den ehemaligen Konzentrationslagern." Seitenhieb Richtung der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz von der FPÖ: "Manche Politiker hätten eine Klärung bitter notwendig."

Foto: derStandard.at/FINK

In der "Halle der Namen" werden die Namen und persönlichen Daten der jüdischen Opfer gesammelt.

Foto: photonews.at/Georges Schneider

Während des Besuchs in Yad Vashem heulten um 11 Uhr Ortszeit die Alarmsirenen in ganz Israel. Es war der Höhepunkt einer landesweit ausgelegten Zivilschutzübung. In israelischen Medien wird über einen möglichen Krieg gegen die libanesische Hisbollah-Miliz im Sommer spekuliert. "Die Leute gehen von einem Kriegszustand im Sommer aus", sagt Ariel Muzicant.

Foto: derStandard.at/FINK

Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Wien, war als Teil der österreichischen Delegation ebenso an der Reise beteiligt. Neben Ariel Muzicant waren das außerdem Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Danielle Spera, designierte Leiterin des Jüdischen Museums Wien, und der Psychoanalytiker Martin Engelberg.

Foto: photonews.at/Georges Schneider

Kranzniederlegung in der "Halle der Erinnerung", wo die Gedenkflamme für die Opfer des Holocaust flackert. Unter der Steinplatte, in die die Namen der Konzentrationslager im Dritten Reich eingraviert sind, liegt Asche aus den KZs.

Foto: photonews.at/Georges Schneider

Die israelisch-österreichischen Beziehungen nannte Muzicant "in den vergangenen Jahren eine Art Hochschaubahn: Es ging rauf und runter." Seit vier Jahren aber gebe es "wirklich exzellente Beziehungen", sagt Muzicant.

Foto: derStandard.at/FINK

Für jemanden, der als Kind in Österreich auf die Welt gekommen ist und quasi nackt geflüchtet ist, ist die heutige Zeit sehr wichtig", sagt Moshe Yehoda, Direktor des "Irgun Olej Merkaz Europa" (IOME, jüdische Einwanderer-Organisation). "Dass das Österreich von heute mit der jüngeren Generation und ihren Politikern sich interessiert und ein Zeichen von hohem moralischen Interesse zeigt über das, was geschehen ist und nicht mehr gutzumachen ist." Dieses Interesse sei wichtig, auch für ihn, der seine Familie im Holocaust verloren hat.

Foto: derStandard.at/FINK

Am Abend lud der österreichische Botschafters Michael Rendi zum "Red-White-Clubbing" mit Enkeln von Holocaust-Überlebenden ein. Nach Pröll wird Kanzler Werner Faymann (SPÖ) im Juni in Israel erwartet. Heute, Donnerstag folgt der zweite Besuchstag, derStandard.at wird berichten. Anschließend geht es zurück nach Wien. (Anna Giulia Fink, derStandard.at, 26.5.2010)

Links
Knesset
Yuval Steinitz
Shimon Peres
Yad Vashem

Foto: derStandard.at/FINK