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Genugtuung nach dem Votum: Der designierte ungarische Premier Viktor Orbán (li.) und sein Vize Zsolt Semjen setzten sich mit ihrem Gesetz zur doppelten Staatsbürgerschaft über internationale Bedenken hinweg.

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Ungarns Staatspräsident László Solyom (im Vordergrund) wurde im vergangenen August an der Einreise in die Slowakei gehindert. Seither haben sich die Beziehungen weiter verschlechtert.

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97,7 Prozent der ungarischen Parlamentarier stimmten für die umstrittene Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes.

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Budapest/Bratislava - Die Beziehungen zwischen Ungarn und der Slowakei haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das neue Parlament in Budapest verabschiedete am Mittwoch ein Gesetz, das Angehörigen ungarischer Minderheiten im Ausland die Doppelstaatsbürgerschaft ermöglicht. Der designierte Premier Viktor Orbán hatte das Gesetz im Wahlkampf angekündigt. Als direkte Antwort darauf wollte das slowakische Parlament auf Antrag von Regierungschef Robert Fico noch am Mittwoch das eigene Staatsbürgerschaftsgesetz ändern. Demnach sollen Bürger der Slowakei, die eine andere Staatsbürgerschaft beantragen, automatisch die slowakische verlieren.

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Budapest/Bratislava - Das neugewählte ungarische Parlament hat am Mittwoch für die international umstrittene Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes gestimmt, durch die Angehörigen ungarischer Minderheiten in den Nachbarländern eine Doppelstaatsbürgerschaft verliehen werden kann. An der Abstimmung nahmen 352 Abgeordnete teil - 344 stimmten für das Gesetz.

Noch am Abend antwortete das slowakische Parlament mit einer Gegenmaßnahme und änderte seinerseits das Staatsbürgerschaftsgesetz: Alle Personen verlieren nun automatisch die slowakische Staatsbürgerschaft, wenn sie "freiwillig die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates" annehmen. In der Slowakei leben rund 500.000 ethnische Ungarn, das entspricht zehn Prozent der Bevölkerung.

Das Gesetz der neuen rechtspopulistischen Mehrheit in Ungarn soll am 1. Jänner 2011 in Kraft treten. Es sieht vor, dass in Zukunft auch Personen die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten können, die nicht im Land leben, unter deren Vorfahren aber mindestens ein ungarischer Staatsbürger war und die zudem die ungarische Sprache beherrschen. Das ungarische Wahlrecht wird von der jetzigen Änderung nicht berührt, da auch bisher nur ungarische Staatsbürger wahlberechtigt sind, die im Land selbst ihren Wohnsitz haben. Auch die Bestimmungen zur Sozialversorgung bleiben unverändert.

Der slowakische Regierungschef Robert Fico hatte schon im Vorfeld die ungarische Doppelstaatsbürgerschaft als Gefahr für die nationale Sicherheit der Slowakei bezeichnet. Die als Gegenantwort auf Budapest vorgelegte Novelle wurde am Abend auch von der oppositionellen Christdemokratischen Bewegung (KDH) unterstützt. 90 von 115 anwesenden Abgeordneten stimmten für die Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes.

Fico übte am Mittwoch erneut heftige Kritik am Vorgehen des neuen ungarischen Parlaments, in dem die rechtskonservative Partei Fidesz des künftigen Regierungschefs Viktor Orbán eine überwältigende Mehrheit hat. Er bemängelte zudem, dass Orbáns erster Auslandsbesuch nach Polen führen soll.

"Orbáns angekündigter Polen-Besuch erscheint so, als würde er symbolisch sein eigenes Territorium überspringen und ein Nachbarland Ungarns besuchen" , sagte Fico in Bratislava vor Journalisten. Das Gebiet der heutigen Slowakei hatte vor dem Friedensvertrag von Trianon 1920 mehr als 900 Jahre lang zum Königreich Ungarn gehört.

Knut Vollebaek, der Minderheitenkommissar der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), sprach sich nach einem Treffen mit dem slowakischen Außenminister Miroslav Lajèak am Dienstag zwar nicht direkt gegen das ungarische Gesetz aus. Er gab jedoch zu bedenken, dass "konkurrierende Versuche von Ländern, unabhängig vom Wohnort Jurisdiktion über ihre Bürger zu üben, das Potenzial haben, Spannungen zu verursachen" . Vollebaek rief beide Seiten zu bilateralen Verhandlungen über das Thema auf. (APA, red/DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2010)