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Steigen die Kosten eines Projekts, weil der Bauherr umplanen lässt, dann muss der Architekt dafür meist nicht geradestehen.

Foto: APA/Hochmuth

Zu den Aufgaben eines Architekten gehört es in aller Regel, zumindest eine Schätzung der Baukosten vorzunehmen. Trifft den Bauherrn schließlich ein höherer Aufwand, stellt sich die Frage nach der Verantwortung des Architekten.

Gerade bei Bauaufträgen der öffentlichen Hand und ihrer Unternehmen stehen Baukostenüberschreitungen an der Tagesordnung. Die Errichtung des neuen Terminals Skylink am Flughafen Wien ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Aber auch gewerbliche und private Bauherrn müssen oft realisieren, dass Kostenplanung und Wirklichkeit weit auseinander klaffen können.

Die Gründe, warum Baukosten höher ausfallen als geplant, sind mannigfaltig: Fehleinschätzung des Architekten, behördlich erzwungene oder durch den Bauherrn gewünschte Umplanungen, unerwartete Preissteigerungen, Ausführungsmängel, schlechte Witterung, Insolvenz beteiligter Professionisten etc.

Der Oberste Gerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (9 Ob 98/09s vom 26.1.2010) zu einem Fall von Baukostenüberschreitung Stellung genommen. Sie betraf die Planung eines Büro- und Geschäftshauses in Salzburg. Hier wurde eine Verantwortung des Architekten unter anderem deswegen verneint, weil er nach Abgabe der Kostenschätzung auf Wunsch des Bauherrn umfangreiche Umplanungen vorzunehmen hatte.

Zugleich hat das Höchstgericht aber unabhängig vom konkreten Fall die Verantwortung von Architekten für die Einhaltung der von ihnen angenommenen Baukosten ausgelotet. Demnach hat der Architekt "als Ausfluss seiner umfassenden vertraglichen Beratungspflicht" auch wirtschaftliche Gesichtspunkte (z. B. beschränkte Mittel des Bauherrn) zu berücksichtigen. Die Planung muss - unter Bedachtnahme auf die Vorgaben des Bauherrn - auf möglichst geringe Baukosten abzielen. Sobald in der Folge mit einer Kostenüberschreitung zu rechnen ist, hat der Architekt den Bauherrn zu warnen. Kommt er dem nicht nach, wird er dem Bauherrn schadenersatzpflichtig.

Verbindliche Kostengrenze?

Im Einzelfall ist entscheidend, ob sich der Architekt nur zu einer überschlagsmäßigen Kosteneinschätzung, einer echten Kostenschätzung oder gar zur Einhaltung einer verbindlichen Kostenobergrenze verpflichtet hat. Zwar treffen den Architekten in allen drei Fällen Warnpflichten bei einer drohenden Kostenüberschreitung. Der konkrete Inhalt und die Intensität dieser Pflicht hängen aber davon ab, inwieweit der Architekt Verantwortung bei der Kostenplanung übernommen hat. Im Fall der verbindlichen Vereinbarung eines Baukostenrahmens kann dessen Überschreitung auch Gewährleistungsrechte des Bauherrn - und damit eine empfindliche Minderung oder auch einen gänzlichen Entfall des Architektenhonorars - nach sich ziehen. Daneben bestehen die schon angesprochenen Schadenersatzansprüche.

Eine Frage hat der OGH freilich offengelassen: Welche Schäden muss der Architekt dem Bauherrn ersetzen, wenn er - obwohl vorhersehbar - nicht rechtzeitig vor einer Baukostenüberschreitung gewarnt hat? Es wäre vorschnell, die Differenz zwischen tatsächlichen und geplanten Baukosten als Schaden anzusetzen. Vielmehr ist entscheidend, wie der Bauherr bei rechtzeitiger Warnung disponiert (z. B. Redimensionierung des Bauvorhabens) und wie sich dann seine wirtschaftliche Lage (z. B. Kosteneinsparung, verbunden mit geringerem Ertragswert des Bauwerks) entwickelt hätte. Ein Vergleich dieses hypothetischen Befundes mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Bauherrn bildet den Ansatz für die Schadensberechnung.

So schwierig diese Berechnung im Einzelfall auch sein mag, eine Schlussfolgerung lässt sich aus der Entscheidung des OGH jedenfalls ziehen: Der Bauherr ist gut beraten, wenn er den Architekten bereits bei dessen Beauftragung umfassend in die Pflicht nimmt, was die Kostenplanung betrifft.

Aus Architektensicht wiederum ist es geboten, laufend die Baukosten zu überwachen, um den Warnpflichten bei drohenden Kostenüberschreitungen nachzukommen.(Meinhard Lukas, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 26.5.2010)