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Neue Passform gesucht: Das Einkommensteuerrecht wird komplett überarbeitet

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Wien - Einhellige Ablehnung: So lassen sich Reaktionen auf einen Standard-Bericht zusammenfassen, wonach das Finanzministerium an Einschränkungen bei der steuerlichen Begünstigung des 13. und 14. bastelt. VP-Staatssekretär Reinhold Lopatka: „Lohn und Arbeit sind ohnehin hoch besteuert. Es denkt niemand an Änderungen." Sein SP-Pendant Andreas Schieder: „Darüber zu diskutieren, ist nicht sinnvoll. Das Problem ist nicht die Besteuerung von Arbeit, sondern von Vermögen."

Die Diskussion läuft allerdings bereits, und zwar im eigenen Haus. Wolfgang Nolz, Sektionschef im Finanzministerium, leitet eine Arbeitsgruppe für eine Rundumreform des Einkommensteuerrechts (ESt), ist aus dem Ressort zu hören. Mit von der Partie sind demnach alle Granden aus den Bereichen Steuerpolitik, Lohn- und Einkommensteuer. Es geht um eine völlige Neuordnung der seit 1988 durch laufende Änderungen völlig unübersichtlich gewordenen Materie. Stichwort: Neukodifizierung.

Wichtiger Punkt dabei ist nicht nur die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Gehalts, sondern die Existenz der beiden Sonderzahlungen an sich. Es gibt nämlich Befürworter einer Abschaffung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, um das System zu vereinfachen. Die beiden Gehälter würden dann auf die zwölf Monatszahlungen verteilt. „Die Steuerbegünstigung soll in einen neuen Tarif integriert werden", heißt es. Im Klartext: Die Steuer schlägt voll zu, soll aber durch eine Senkung der Tarife kompensiert werden. Damit gehen die Überlegungen im Finanzministerium weiter als jene von Experten, die lediglich die Steuerbegünstigung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds abschaffen und im Gegenzug einen Freibetrag einführen wollen.

Ob die Sonderzahlungen überhaupt angetastet werden, ist unabhängig von den Vorarbeiten auf Beamtenebene freilich eine politische Entscheidung. Es wäre nicht verwunderlich, sollte Finanzminister Josef Pröll zurückschrecken: Immerhin haben sich schon Vorgänger wie Herbert Salcher und Andreas Staribacher an dem Vorhaben die Zähne ausgebissen.

Ausnahmen streichen

Klar ist, dass sich eine Reform heuer nicht mehr ausgehen wird. Als frühester Zeitpunkt für ein Inkrafttreten gilt Anfang 2012. Die Sonderzahlungen sind nämlich bei weitem nicht der einzige Punkt des Mammutprojekts, das Nolz quasi als Alterswerk angeht. Neben der Zersplitterung des Einkommensteuerrechts geht es um zahlreiche Ausnahmeregelungen, die heute als nicht mehr zeitgemäß gelten. Dazu zählen die Topf-Sonderausgaben, bei denen Kosten für Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen, Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung, junge Aktien und Genussscheine sowie Wohnbauaktien und Wohnbauwandelschuldverschreibungen begrenzt steuerlich angerechnet werden können.

Eine andere Ausnahme stellt die Begünstigung der Überstunden dar, die erst im Vorjahr ausgeweitet wurde. Immer wieder in die Diskussion geraten zudem Diäten und Kilometergeld, die als Aufwandersatz gelten und daher steuerfrei bezogen werden. In zahlreichen Branchen wie am Bau und im Vertrieb sind diese Zahlungen de facto ein wichtiger Gehaltsbestandteil.

Auch ein anderer Hebel versteckt sich im ESt-Recht: Die Vermögenszuwachssteuer könnte recht einfach eingeführt werden, wenn die Spekulationsfrist für Aktien (oder Immobilien) gestrichen wird.(Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.5.2010)