Immer wenn ein Regime nach außen aggressiv wird, steht es im Innern unter Druck. In der ersten Märzhälfte ließ Nordkoreas Diktator Kim Jong-il seinen Finanzminister hinrichten, als Sündenbock für die desaströse Währungsreform. Diese hatte die Bürger schlagartig um ihre bescheidenen Ersparnisse gebracht und die kleinen freien Märkte abgewürgt. Es kam zu Unruhen.

Wenige Tage nach der Hinrichtung starben beim Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffes "Cheonan" 46 Seeleute. Das Schiff wurde durch einen nordkoreanischen Torpedo versenkt, wie jetzt zweifelsfrei feststeht. Bei den Machtverhältnissen in Pjöngjang ist es schier undenkbar, dass der Feuerbefehl nicht von Kim Jong-il kam.

Konflikte vom Zaun brechen, um jede innere Opposition im Keim zu ersticken - ein altes Rezept. Kim Jong-il will seinen jüngsten Sohn Kim Jong-un als Nachfolger durchsetzen. Die verpatzte Währungsreform und wachsende Probleme mit China, seinem einzigen Verbündeten, haben seine Position offensichtlich stark unterminiert.

Angeschlagene Despoten können zu gefährlichen Angstbeißern werden. Das weiß man auch in Südkorea und lässt sich hoffentlich nicht provozieren. In Wien wiederum müssen sich die Veranstalter der Nordkorea-Kunstschau mehr denn je fragen lassen, ob sie sich, bei aller kritischen Begleitung, nicht zu Handlangern eines Regimes machen ließen, dem zur Machterhaltung alle Mittel recht sind. (Josef Kirchengast/DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2010)