Hat er uns nicht stets - einfacher als jeder andere seiner Branche - die Welt erklärt, wie sie wirklich ist? Hat er das Beste für die Volksgemeinschaft nicht nur gewollt, sondern auch eigenhändig verabreicht, wo andere nur an sich dachten? Hat er uns nicht immer die Schuldigen an jedem Übel benannt, seien sie nun im nahen Wien oder an der fernen Ostküste gesessen? Ein Weltmann gegen die Dörfler, die uns weismachen wollen, in seinen Fußstapfen zu wandeln, ein wahrer Paraklet auf dem tobenden Meer der ökonomischen Irrtümer, das ratlose Altpolitiker im Padelboot heil zu durchqueren hoffen - das könnte er uns heute sein. Er hätte gewollt, was wir wollen, nämlich die reine Wahrheit statt schmutziger Gerüchte. Und weil er sie uns rascher und klarer gegeben hätte, als lokale Erbschleicher und eine träge mahlende Justiz, sehnen wir uns nach Jörg Haider.

Leider hoffnungslos. Heute hat er zwar ein Marterl und ein Museum, aber ehemalige Handlanger dürfen sich an ihm abputzen. Wie sonst hätte er die Wohltaten für die er auf alle Zeiten eingeschreint in den Herzen der Kärntnerinnen und Kärntner weiterleben wird, finanzieren sollen als auf "Zuruf" , wie ihm das nun von volksfremden Beamtennaturen vorgehalten wird? Von selber geht nix. Irgendwer musste die Karten für die Seebühne oder das Beach-Volleyball-Turnier bezahlen, und was ist schon die Umklammerung einer Bank gegen den Einbruch in eine Bank, wo es gilt, in einer dankbaren Bevölkerung den Sinn für Kultur und Sport zu wecken?

Unter seiner Umklammerung konnten Bankmanager noch leben, ohne sich zu Tode fürchten zu müssen, selbst solche, die durch kleinkarierte Beamtenansichten und als Bremser auffällig wurden. Nicht lange zwar, aber das nur deshalb, weil die Klagenfurter sonst vielleicht bis heute kein Stadion in angemessener Größe hätten. Haider habe sich auf alles draufgesetzt, dagegen konnte man sich nicht wehren, heißt es heute, und: Haider hat hier keine Grenzen gekannt. Eben doch! Denn das einzige, was man ihm vielleicht vorwerfen kann, ist, dass er nicht auch gleich die Bayerische Landesbank umklammert hat, dann wäre es mit der Hypo Alpe Adria niemals so weit gekommen. Aber er konnte sich nicht um alles kümmern, schließlich war er nebenbei auch noch Landeshauptmann.

Und welcher Landeshauptmann in Österreich würde es schon erlauben, dass sich ein zu seinen höheren Ehren permanent anzapfbares Institut aus der "optischen Umklammerung der Politik" befreit und seinen Sitz nach Wien - nach Wien! - verlegt? Das gebietet schon der Ehrenkodex des hiesigen Föderalismus, und hat noch nicht einmal etwas mit dem Sponsoring für Musiklehrer, Büromitarbeiter und Wirtschaftsempfänge zu tun. Wenn glücklose Banker heute ihm die Schuld an ihrem Scheitern zuschieben wollen, kommt das einer Störung der Totenruhe ziemlich nahe.

Denn er würde einfach eine kleine Tafel hervorziehen, und alles wäre erklärt. Er könnte uns sogar erklären, wer vor der Verkaufsentscheidung in Sachen Buwog wen umklammerte, als er mit dem moralischen Flachwurzler telefonierte, der damals Finanzminister war. Aber leider - zu spät. (Günter Traxler, DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2010)