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Whitney Houston am Mittwoch in der Wiener Stadthalle

Foto: EPA/HERBERT P. OCZERET

Wien - Whitney Houston vermag immer noch die Massen zu bewegen. War es zuletzt aber lediglich Saalflucht, die sie auszulösen vermochte, gelang ihr bei ihrem Auftritt am Mittwoch in der Wiener Stadthalle ein kleiner Zwischenerfolg. Bei Step By Step, einem Stück von Annie Lennox, stürmten tatsächlich Leute vor Begeisterung in Richtung Bühne. Sogar die Verursacherin dieses Euphoriemoments wirkte überrascht.

Houston, die auf ihrer aktuellen Tour sonst eher mit desaströsen Auftritten Aufsehen erregte, wusste mit dieser ihr zugetragenen Energie allerdings nichts anzufangen - und verschwand zwecks Kostümwechsel hinter die Bühne. So kann man die Stimmung auch ruinieren.

Zwar hatte die aus New Jersey stammende Sängerin keine Aussetzer wie zuletzt, als sie Texte vergaß und ihr die Stimme versagte, doch die Chronologie ihres Auftritts vor rund 6000 Besuchern tat das ihre, um die Show, abseits ihrer silbernen Disco-Leggins, glanzlos erscheinen zu lassen. Houston, wir haben ein Problem.

Mit der Gestik von Stewardessen beim Beschreiben der Notausgänge illustrierte sie vermeintliche Emotionen, stakste ungelenkig über die Bühne, während ihr Kameras ins aufgedunsene Gesicht filmten und es via Videowall in den Saal übertrugen. Dabei atmete sie schwer ins Mikrofon.

Houston war eine der erfolgreichsten Sängerinnen der 1980er und 1990er. Mit poliertem Dünnpfiff-Soul galt sie als Ausnahmeerscheinung in einem für Soul gerade deshalb dramatischen Jahrzehnt. Männer mit Dauerwellen und pfirsichfarbenen Sakkos verehrten sie als Sexsymbol, die solcherart Missgedeutete brachte mit Stücken wie "I Will Always Love You" Schmalzfässer zum Überlaufen und vergoldete mit ihrer Präsenz die schlechtesten Filme ihrer Zeit - siehe: "Bodyguard". Noch in den Nullerjahren erhielt sie Plattenverträge mit absurden Summen.

Doch das letzte Jahrzehnt war geprägt von Ehe- und Drogenproblemen, unterirdischen TV-Auftritten und Skandälchen, die ihrer bescheidenen Kunst auch nicht förderlich waren.

In der Stadthalle wirkte die erst 46-Jährige stellenweise wie der späte Elvis Presley. Schwitzend gönnte sie sich längliche Pausen, in denen sie mit öden Geschichten von R. Kelly ("I call him Robert") oder Michael Jackson langweilte: "He called me Whitney, I called him Michael" - wer hätte das gedacht?

Es folgte das unvermeidliche Greatest-Hits-Medley samt 08/15-Gospel, einige weitere einstudierte Ansagen und schließlich der Abgang. Ein bisserl tragisch das alles, natürlich selbst verschuldet - und hauptsächlich egal. (flu/ DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2010)