Franz Keinrath tingelt seit 40 Jahren durch Ostösterreich. Sein ältestes Karussell ist nur zwei Mal im Jahr im Einsatz.

Foto: Fischer

Wien - Fürs Foto schält sich Franz Keinrath kurz aus der roten Arbeitsjacke und zieht ein schwarz-weiß-gestreiftes Sakko über. "So ist es besser", sagt er, streicht sich noch einmal über das perfekt sitzende Haar und bringt sich vor seinem Karussell in Stellung.

Viel Zeit zum Reden hat er nicht. Schließlich muss er die Aufbauarbeiten seines Ringelspiels für den Kirtag am Stephansplatz beaufsichtigen. "Das dauert schon ein paar Stunden, bis das alles läuft", sagt er. Keinraths hölzerne Pferderln, Schwäne und Heißluftballone drehen sich jedes Frühjahr ein paar Tage neben dem Steffl. Nur beim ersten Domweihfest vor zehn Jahren waren sie noch nicht dabei. Innenstadt-Kaufleute und Bezirksvorstehung fürchteten sich damals noch vor zu viel Wurstelpratercharme in der City.

Inzwischen hat der Kirtag aber sogar expandiert: Während Dompfarrer Toni Faber ab heute, Donnerstag, bis Dienstag zum überschaubaren Ess- und Trinkfest am Stephansplatz bittet, lässt Bürgermeister Michael Häupl heuer erstmals am Rathausplatz zugunsten des Stephansdoms feiern. Für die gemeinsame Veranstaltung von Pfarre und Rathaus wurde das Fest beim Steffl heuer erstmals auf Pfingsten verlegt. Normalerweise findet es nämlich schon Mitte April statt.

Keinraths rot-weiß-goldenes Ringelspiel passt jedenfalls gut vor den Dom. In den letzten Jahren ist es auch von den hinteren Standel-Reihen langsam nach vorne gerückt. "Am Anfang haben uns nur die Pfadfinder gefunden", sagt Keinrath "aber jetzt finden es alle gut, dass wir da sind ist."

Das Karussell wurde 1895 gebaut, Keinrath kaufte es hundert Jahre später einem Schausteller aus Deutschland ab. Da war nur noch der Kern übrig, die Figuren mussten großteils nachgebaut werden - was der deutsche Künstler Peter Petz erledigte. "Er ist einer der wenigen, die das heute noch können", sagt Keinrath.

Komfort im Wohnwagen

Vor 40 Jahren machte sich der gelernte Maschinenschlosser mit seiner Frau selbstständig - und tingelte mit einer Bude fürs Dosenwerfen durchs Land. Inzwischen besitzen die Keinraths acht Fahrgeschäfte, ihr ältestes Karussell wird nur zwei Mal im Jahr aufgebaut. Für den Steffl-Kirtag und den Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz. Mit dem Rest des Familienbesitzes ist die 14-köpfige Truppe bis Oktober praktisch ununterbrochen auf Achse. Auf sechs Lastwägen haben Autodrom und diverse Ringelspiele Platz, gut die Hälfte des Jahres leben die Schaustellerfamilie und ihre Angestellten im Wohnwagen. "Da drinnen gibt es aber jede Menge Komfort", sagt Kainrath "da kann man richtig schön wohnen."

Neben Keinraths Frau arbeiten Sohn, Tochter und beide Schwiegerkinder mit. Ein Enkel besucht die HTL. "Der Betrieb bleibt auf jeden Fall in der Familie", sagt das 63-jährige Oberhaupt. (Martina Stemmer/DER STANDARD, Printausgabe, 20.5.2010)