Im 15. Bezirk wird nun versucht, den Strich, der sich in Nebenstraßen verlagert hat, auf zwei Straßen zu beschränken

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Wien - "So lange es Freier gibt, wird es auch Prostitution geben". Deshalb, so Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SP), gehe es bei den neuen Maßnahmen zur Straßenprostitution vor allen darum, die Situation der Frauen und der Anrainer zu verbessern. "Das oft geforderte Verbot der Straßenprostitution würde nur die illegale Prostitution verstärken", ist Frauenberger überzeugt.

In Wien schaffen derzeit rund 1700 Prostituierte legal an. Grundsätzlich ist das Anschaffen in der ganzen Stadt erlaubt, ausgenommen sind allerdings Schutz- und Verbotszonen im Umkreis von Schulen, Kindergärten, Jugendzentren, Krankenhäusern und religiösen Einrichtungen.

Die Stadt Wien investiert nun 140.000 Euro in ein Sieben-Punkte-Programm für neue Spielregeln auf dem Straßenstrich:

Ausgewiesener Straßenstrich: Ein Bezirk, in dem sich der Straßenstrich durch die Dichte der Schutzzonen immer wieder in ruhige Nebenstraßen verlagert und dort zu Belästigungen der Anrainer führt, ist Rudolfsheim-Fünfhaus. Im 15. Bezirk sollen nun in einem sechsmonatigen Feldversuch zwei Straßen als alternativer Platz zum Anschaffen unter den Prostituierten beworben werden - die Linke Wienzeile zwischen Anschützstraße und Jheringstraße sowie die Linzer Straße hinter dem Technischen Museum.

Beschwerde-Hotline: Der Verein "Sophie" wird eine Beschwerde-Hotline (0676 88 666 222) für die Anrainer des 2., 14. und 15. Bezirkes einrichten. Außerdem wird in den drei Bezirken jede Woche eine Sprechstunde abgehalten werden. "Sophie"-Streetworkerinnen sollen weiters helfen, Konflikte zwischen Anrainern und Prostituierten zu verringern.

Verstärkte Polizei-Kontrollen: Die Polizei wird die Einhaltung der Schutz- und Verbotszonen in Schwerpunktaktionen verstärkt kontrollieren. Peter Goldgruber, Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung in Wien, erhofft sich für die Polzeibeamten im 15. Bezirk ebenfalls eine Erleichterung, wenn man den Frauen sagen könne "da nicht, dort aber schon". Man werde jedenfalls zunächst informieren und erst in weitere Folge strafen.

Gesetzes-Novelle: Nach Ende des Feldversuches im 15. Bezirk soll das Wiener Protitutionsgesetz novelliert werden. Um eine bessere Handhabe gegen illegale Bordelle zu bekommen, soll es künftig eine Meldepflicht für Prostitutionslokale geben. Deren Betreiber müssen ein Leumundszeugnis vorweisen. Derzeit werden auch rechtliche Maßnahmen gegen Freier in Verbotszonen geprüft. Es ist auch angedacht, eine Kondompflicht für Freier und ein Verbot, ungeschützten Sex anzubieten, gesetzliche zu verankern.

Unterstützung für Zwangsprostituierte: Der Verein "Lefö" bildet derzeit Frauen aus der Szene aus, die künftig Zwangsprostituierte über ihre Recht und Hilfsangebote informieren werden.

Streetwork: Neben der Beratungsstelle des STD (Sexually Transmitted Diseases)-Ambulatoriums sollen Streeworkerinnen des Vereins "Sophie" die Frauen in den Nachtclubs und auf dem Straßenstrich betreuen.

Vergleichsstudie: In Studie sollen die Auswirkungen der unterschiedlichen gesetzlichen und politischen Maßnahmen in den Niederlanden, Schweden und Österreich auf ihre tatsächlichen Auswirkungen untersucht werden. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD Printausgabe, 20.5.2010)