Berlin - An großen Worten mangelte es nicht, als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag ihre Regierungserklärung zum Euro abgab. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" , sagte sie und verknüpfte damit - zumindest indirekt - auch ihr politisches Schicksal mit der Rettungsaktion für die Gemeinschaftswährung.

Nachdem Merkel seit Wochen von Opposition und Medien für ihr Krisenmanagement gescholten wird, will sie nun in die Offensive gehen. Sie hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ein Neun-Punkte-Papier ausarbeiten lassen, mit dem Schäuble am morgigen Freitag zur ersten Tagung der Arbeitsgruppe für die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts nach Brüssel fahren wird. Deutschland wolle bei der Reform eine "besonders aktive Rolle" spielen, heißt es in dem Papier.

Die deutsche Regierung will sich für massive Sanktionen gegen Schuldensünder in der Euro-Zone einsetzen. Wer sich nicht an die Vorgabe zum Abbau von Defiziten halte, der soll vorübergehend keine EU-Strukturhilfen mehr erhalten. Im Extremfall könnte sogar die "unwiderrufliche Streichung" dieser Mittel entschieden werden.

Höhere Bedeutung für die Euro-Länder soll zudem die Schuldenstandsquote bekommen, für die die Verträge einen Schwellenwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorsehen. Die meisten Euro-Länder - darunter auch Deutschland - überschreiten den Wert zum Teil massiv. Sie (und sich selbst) will Schäuble daher zu zusätzlichen Konsolidierungsschritten verpflichten. Außerdem wollen die Deutschen, dass besonders groben Schuldensündern die Stimmrechte im Europäischen Rat mindestens ein Jahr lang entzogen werden können.

Den Euro-Rettungschirm, bei dem Deutschland Darlehen und Bürgschaften in Höhe von 148 Milliarden Euro übernimmt, soll am Freitag von Bundestag beschlossen werden. Anfang Juni will die Regierung auf Klausur gehen und klären, wo in Deutschland "mit Verstand" (Merkel) gespart werden könne. Eine zuletzt diskutierte Erhöhung der Mehrwertsteuer schloss Schäuble aus. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2010)