Die Studie der Industriellenvereinigung gibt keinen Anlass für Pessimismus.

Grafik: DER STANDARD

Wien - Die Bevölkerungspyramide hat längst keine Pyramidenform mehr. Eher erinnert die Grafik des Bevölkerungsaufbaus heute dem Bild eines Sarges. Und wenn man schon solche Assoziationen hat, dann fällt einem auch ein, dass die durch die obersten Balken dargestellten Menschen alt und womöglich auch arm und siech sind.

Der Bevölkerungsforscher Wolfgang Lutz zeichnet allerdings ein bunteres Bild - mit denselben Daten. Etwa die Grafik auf dieser Seite: Sie zeigt die Einwohner Österreichs in Altersgruppen von jeweils fünf Jahren zusammengefasst - die Balken sind zudem nach der jeweils höchsten Bildung eingefärbt: Kinder unter 14 haben ausschließlich Pflichtschulbildung, erst ab dem 20. Lebensjahr wird es differenzierter.

Hier zeigt sich, dass rote Anteil am Balken auf der rechten, die Frauen repräsentierenden, Seite stets länger ist als auf der männlichen Seite: Traditionell hatten Männer einen besseren Zugang zu höherer Bildung - besonders krass ist das in der Altersgruppe der heute 70 bis 75 Jahre alten Österreicher zu sehen. Frauen, die in den späten 30er Jahren geboren wurden, hatten besonders schlechte Chancen auf Bildung.

Bei den jüngeren Jahrgängen, deutlich ab den Baby-Boomern aus den Sechziger Jahren, zeigen sich die gestiegenen Zahlen von Akademikerinnen und Maturantinnen. Lutz setzt hier an - und entwirft unterschiedliche Szenarien: Wenn es gelänge, so viele junge Menschen an höhere Bildung heranzuführen, wie das in Finnland passiert, hätten wir im Jahr 2050 eine deutlich besser gebildete Gesellschaft als heute.

Bildung sorgt für Entspannung am Arbeitsmarkt

Und das wiederum hätte massive Auswirkungen auf den Wohlstand: "Höhere Bildung führt zu höherer Arbeitsmarktteilnahme", doziert Lutz. Der Wirtschaft stünden auch bei schrumpfender Bevölkerung genügend Arbeitskräfte zur Verfügung - und diese könnten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, auch deutlich länger im Arbeitsmarkt verbleiben.

"Man ist bei uns blöd, wenn man die Hacklerregelung nicht in Anspruch nimmt. Länger arbeiten zahlt sich nicht aus", sagt Lutz.

Zumindest nicht finanziell. Tatsächlich brächte es den Menschen mehr Gesundheit, wenn sie länger einer befriedigenden (und geistig fordernden) Arbeit nachgingen: Die Demenzerkrankungen träfen nämlich jene stärker und früher, die weniger Bildung und weniger geistige Herausforderung haben.

Pensionsalter wird steigen müssen

Wenn es gelänge, mehr Menschen - vor allem auch solche mit Migrationshintergrund - in höhere Bildung zu bringen, dann wäre schon viel erreicht. Kombiniert mit einer höheren Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt und einem höheren Pensionsalter ergibt sich in der von Lutz bis ins Jahr 2051 gerechneten Prognose ein auch für das Sozialsystem durchaus erfreuliches Bild.

Nachvollziehen kann man das alles grafisch im Internet: Das von Industriellenvereinigung und Rotem Kreuz initiierte Projekt heißt iv-future.at. Und hier kann man sehen, dass ein einfaches Weiterlaufenlassen der aktuellen Entwicklungen zu einem viel weniger angenehmen Ergebnis führen würde.

Erheblichen Einfluss hat auch die Zuwanderung: Hier würde ein auf Null reduzierter Wanderungssaldo im Jahr 2051 eine stark überalterte Bevölkerung ergeben. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 19.5.2010)