Den eigenen Sessel einfach so vor die Tür zu stellen, Zeitung und Jause auszupacken, daran braucht man in Wiens City nun wirklich nicht denken. Abgesehen von der Gefahr der Kollision mit Touristenströmen geriete man auch schnell in Verdacht eines privaten Sitzstreiks. Sitzen erlaubt, heißt es etwa in offiziellen Schanigärten und insbesondere dann, wenn es verspricht, ertragreich zu sein. Dann sind auch Idyllen auf den schönsten Plätzen nahe des Steffls nicht mehr schützenswert.

Aber gut, zurück zum ganz privaten Sitzen. Jenseits der Innenstadt ist das einen Versuch wert. Nahe des Gürtels pflegt man bei schönem Wetter vor einem Kunstraum regelmäßig herumzusitzen. Den Anwohnern gefällt's. Selber trauen, sagen sie, würden sie sich aber nicht. Der Nachbar könnte sie ja anzeigen. Im grünflächenarmen Herz von Margareten ist das einer Gruppe von Architekten tatsächlich so ergangen, denn sie erdreisteten sich, am Trottoir Pause zu machen. Nun zahlen die Gehsteig-Guerilleros zwei Sommer lang ganz offiziell 150 Euro Nutzungsgebühr. Bei Einhaltung eines gewissen Bürgersteig-Benimms sollte der temporäre Schanigarten aber auch einfach so möglich sein, finden sie. Am 28. Mai kann man sich beim Gehsteig-Festival (gehsteig-guerrilleros.soup.io) Anregungen holen, wie man seine Stadt zum Wohnzimmer macht. Und dann: Sitz! (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 19.05.2010)