Bei der Vortragsreihe zum Thema Liebe, Hass, Verzweiflung geht es um die Inszenierung großer Gefühle in den Medien und Künsten. Heute steht eine musikästhetische Frage zur Diskussion: Der Salzburger Literaturwissenschafter Christopher F. Laferl spricht mit dem Pianisten und Konzertdirektor der Salzburger Festspiele Markus Hinterhäuser über Nonverbale Emotionen. Zum Gefühlsausdruck in der Instrumentalmusik.

In der Musikgeschichte ist seit gut 200 Jahren von der "absoluten Musik" die Rede. Das bedeutet, dass Musik ohne Text und Programm die "eigentliche" Musik sei - eine romantische Ästhetik, wie sie etwa E. T. A. Hoffmann 1810 in seiner Rezension von Beethovens 5. Sinfonie formulierte. Was im 19. Jahrhundert zu einer Hegemonie von Instrumentalmusik führte, war der Abschluss eines Prozesses, der ein- bis zweihundert Jahre zuvor begann. Damals emanzipierte sich die Instrumental- von der Vokalmusik: Aus Musik mit Sprache wurde Musik als Sprache.

Schön zeigt sich das bei Werken der Moderne, etwa am "erweiterten Musikbegriff" der Futuristen. Auch im Pop hatten Instrumentalgruppen immer wieder Konjunktur: Beginnend bei den schwarzen R-&-B-Tanzcombos der 1950er über deren weiße Surf- und Twang-Pendants bis zum Art- und Experimentalrock der 1970er drücken Künstler Emotionen mit "reinen" Sounds aus. Letztlich gilt dies sogar für Vokalpop, Untersuchungen belegen, dass nicht nur hierzulande Texte selten wirklich verstanden bzw. nicht als das Zentrale eines Stückes wahrgenommen werden. (dog/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 5. 2010)