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Wikipedia-Gründer Jimmy Wales

Foto: AP

Der Streit um angeblich absichtlich verbreitete kinderpornografische Inhalte in der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia hatte bereits Anfang April Woche für Aufregung in der Community gesorgt (der WebStandard berichtet). Nachdem der 2002 ausgeschiedene Mitgründer Larry Sanger gegenüber Fox News erklärt hatte, das FBI eingeschalten zu haben, hatte Jimmy Wales die besagten Bilder entfernt und geriet dabei ebenfalls ins Schussfeld. Fox News griff die Story in einer Art und Weise auf, die einem regelrechten Feldzug gegen Wikipedia gleichkommt. 

Bilder gelöscht

Fox berichtete unter Berufung auf Sanger, dass Wikipedia wissentlich Kinderpornografie verbreite. Dabei handelt es sich um Pedophilia-Zeichnungen auf dem 19. Jahrundert von Martin van Maele und sogenannte Lolicon Comics. Um weitere Kritik zu verhindern, soll Gründer Jimmy Wales die Bilder gelöscht haben. Fox News berichtete, dass der "Mutterkonzern der Online-Enzyklopädie Wikipedia in größter Eile Tausende explizit pornografische Bilder von der Website lösche und eine neue Richtlinie für sexuelle Inhalte als Antwort auf den Bericht von FoxNews.com vorbereite." Die Löschung sei jedoch erst veranlasst worden, nachdem Fox News bei einigen großen Sponsoren zu der Sache nachgefragt habe. 

"Falsche Informationen"

Mit der Löschung der Bilder geriet Wales allerdings erneut unter Beschuss und gab einige seiner technischen Editoren-Rechte ab. Fox News berichtete daraufhin, dass Wales aufgrund des starken Drucks aus der Community die Kontrolle abgegeben und Wikipedia ins Chaos gestürzt habe. Garniert wurden die Berichte mit dem Hinweis darauf, dass die angeblich kinderpornografischen Inhalte auch von Kindern und an Schulen angesehen werden könnten. Wikipedia-Betreiber Wikimedia reagierte prompt darauf. Fox News habe falsche Informationen verbreitet. Es sei zwar richtig, dass Wales einige Rechte abgegeben habe, das ändere jedoch nichts an seinem Status in dem Unternehmen. Es sei zudem falsch, dass Wales jemals die Kontrolle über die Projekte habe. Wales selbst meinte zur Fox-Berichterstattung, dass sie Nonsens sei. Computerworld-Blogger Richi Jennings hat einige Kommentare dazu zusammengefasst.

Autoren sehen es anders

Die Fox-Berichte gänzlich als Unsinn und falsch zu bezeichnen, geht an der Sache vorbei. In den vergangenen Wochen habe es intensive Diskussionen um die Inhalte gegeben, an denen sich Wales beteiligt habe, heißt es im Wikimedia-Statement weiter. Dem widersprechen jedoch einige Autoren. Wales habe die Inhalte keineswegs diskutiert und Wikimedia verstehe das Problem nicht. Auch sei es Unsinn, dass Wales nicht die Kontrolle über Wikipedia gehabt habe, zumindest habe er sie sich herausgenommen. Dafür war er schon früher ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. 

Anti-Wikipedia-Kampagne

Dass Wales einige Rechte aufgrund der Kritik an seinem Vorgehen in dem Fall abgegeben habe, stimmt wohl. Kritik an seinem Umgang mit kontroversiellen Inhalten besteht schon länger. Doch Fox News bauschte die Story zu einem angeblichen Kinderpornoskandal auf, der nach der Berichterstattung aufgeflogen sei. (br/derStandard.at, 18. Mai 2010)