Der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien sorgt erneut für Zwist - diesmal zwischen Regierung und Opposition in Ljubljana. Grund dafür ist ein geplantes Referendum, bei dem die Slowenen am 6. Juni aufgerufen sind, ein bereits im April verabschiedetes Gesetz zu unterstützen - oder auch nicht. Einem analogen Gesetz stimmte Kroatien bereits zu, ohne ein Referendum zu planen.

Das Gesetz sieht vor, dass ein internationales Ad-hoc-Schiedsgericht den Grenzkonflikt regeln soll. Doch das Volksbegehren spaltet nun Slowenien. Die Regierungskoalition, allen voran Premier Borut Pahor, wirbt für das Gesetz. Sollten sich die Wähler gegen die Einsetzung des Schiedsgerichts entscheiden, sei dies "ein katastrophaler Fehler", so Pahor. Das Schiedsabkommen könne einen fairen Grenzverlauf regeln, und letztlich bestünde dadurch auch die Möglichkeit für Slowenien, einen Zugang zu internationalen Gewässern zu bekommen.

Die Opposition gibt sich ablehnend: Man bräuchte kein internationales Schiedsgericht zur Klärung der Frage. Und man habe es auch nicht so eilig. Oppositionsführer Janez Janša sagte, es sei leicht möglich, dass die Slowenen das Volksbegehren ablehnen würden und der ganze Verhandlungsprozess mit Kroatien wieder an den Anfang zurückkehren würde. Dafür sprechen auch die Zahlen: 46 Prozent der Slowenen sind für das Abkommen, 38 Prozent lehnen es ab und 16 Prozent wissen noch nicht, wofür sie stimmen werden, ergab eine Umfrage der Tageszeitung Delo unter 300 Befragten.

Vertrauen in den Standort

Sollte das Referendum das Gesetz tatsächlich kippen, so hat Pahor keine Alternativlösung. Für Slowenien ist auch der wirtschaftliche Aspekt wichtig. Wenn das Land einen direkten Zugang zu internationalen Gewässern hat, ist dies ein Zeichen für ausländische Frachtunternehmen und stärkt das Vertrauen in den Standort. Zudem erhöht der eigene Zugang zum offenen Meer die Bonität Sloweniens für die Modernisierung der Eisenbahntrasse und bei der Suche nach einem strategischen Partner für den Hafen Koper. Dies sei jetzt besonders wichtig, weil man mit Triest und Rijeka um Marktanteile in der nördlichen Adria wetteifere, so Pahor.

Das Referendum sei zwar "kein übermäßiger Glücksfall, jedoch das kleinste Übel", sagt die kroatische EU-Verhandlerin Vesna Pusić. Sollte das Gesetz gekippt werden, müsste man sich eben erneut an einen Tisch setzen. Und zwar abgesehen von den Beitrittsverhandlungen, sagt sie optimistisch. (Veronika Wengert aus Ljubljana/DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2010)