Wien - Der sachliche Zuständigkeitsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH bzw. ICC) könnte zukünftig auf den Strafbestand der Aggression erweitert werden. Das sagte der Vertreter Liechtensteins bei den Vereinten Nationen, Christian Wenaweser, am Montag im Gespräch mit der APA. Vom 31. Mai bis 11. Juni wird Wenaweser die erste sogenannte Überprüfungskonferenz zum Statut des IStGH in Ugandas Hauptstadt Kampala leiten. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon wird die Konferenz eröffnen.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist der erste ständige Gerichtshof, der Länder übergreifend Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord ahnden kann. Er urteilt dabei über Taten Einzelner und nicht über Staaten. Zu den Verbrechen, die vom ihm geahndet werden können, zählen Sklaverei, Folter, Vergewaltigung, Verfolgung aus rassischen, ethnischen oder religiösen Motiven, Deportation und Rassentrennung. Den 1998 bei einer UNO-Sonderkonferenz unterzeichneten Gründungsvertrag des Internationalen Strafgerichtshofs (Statut von Rom) haben bis dato 111 Staaten ratifiziert, darunter Österreich. 2002 nahm das Tribunal in Den Haag seine Arbeit auf.

Änderungen des Rom-Statuts

Bei der jetzigen Überprüfungskonferenz geht es um mögliche Änderungen des Rom-Statuts. Wenaweser geht davon aus, dass bei Artikel 8 (Kriegsverbrechen) der Gebrauch bestimmter Waffengattungen als verbotene Waffengeschoße hinzukommen wird. Wenaweser rechnet jedoch nicht damit, dass es zu einer Änderung des Artikels 124 kommen wird, über den ebenfalls bei der Konferenz dabattiert wird. Dieser Artikel räumt neu beitretenden Staaten eine Übergangsfrist von sieben Jahren zur Anerkennung der Zuständigkeit des IStGH im Fall von Kriegsverbrechen ein.

Mögliche Änderungen würden sich nicht laufende Verfahren auswirken, sondern nur auf zukünftige, so Liechtensteins UNO-Botschafter. Das hieße, wenn etwa der Strafbestand der Aggression näher definiert würde, könnte in Zukunft dieser Tatbestand vom Gerichtshof geahndet werden. Seit dem Nürnberger Prozess gab es wiederholt Bestrebungen, die Vorbereitung, Anstiftung oder Ausführung eines Aggressionsakts individuell strafbar zu machen. Strittig ist, welche Rolle der UNO-Sicherheitsrat bei der Entscheidung spielen soll, wann der IStGH seine Gerichtsbarkeit zum Verbrechen der Aggression ausüben kann. (APA)