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Steve Jobs will die Welt von Pornos "befreien" - mit dem iPad

Foto: Reuters

Freitagnacht unter Einfluss des einen oder anderen Gläschens Alkohol E-Mails zu verschicken, mag in vielen Fällen eine schlechte Idee sein. Manchmal bringt so eine Diskussion aber durchaus Interessantes zum Vorschein, vor allem wenn es sich um ein Geplänkel zwischen einem Blogger von Gawker, dem Mutterkonzern der iPhone 4G-Outer Gizmodo, und Apple-CEO Steve Jobs handelt. Blogger Ryan Tate hat die befremdliche Konversation veröffentlicht, in der sich Steve Jobs als Befreier der Welt von Pornografie aufspielt. Und sein Werkzeug dafür ist das iPad.

Revolution und Freiheit

Ins Rollen geriet der digitale Schlagabtausch, nachdem Tate aufgebracht über einen iPad-Werbespot, ein zorniges Mail an Jobs offizielle E-Mail-Adresse abfeuerte. In dem Spot wird das Tablet als Revolution bezeichnet. Bei Revolution gehe es um Freiheit, so Tate in seiner Nachricht. Apples geschlossener App Store und die Ablehnung von Flash sind allerdings nicht unbedingt das, was man Freiheit nennen würde. Einige Stunden später - um ein Uhr Nachts - trudelte dann die ersehnte Antwort von Jobs ein: "Yep, Freiheit von Programmen, die deine privaten Daten stehlen. Freiheit von Programmen, die deinen Akku vernichten." Apple unterzieht jeder übermittelten Anwendung einer Prüfung, damit ebensolche Dinge nicht passieren. Allerdings geht man in Cupertino noch einen Schritt weiter, um iPhone, iPod Touch und iPad User vor Unbill zu schützen. "Freiheit von Porno. Yep, Freiheit", heißt es weiter in Jobs Antwort.

Jugendschutz

Genau dieser Kontrollversuch Apples, die Programme nicht nur nach deren Funktion, sondern auch Inhalten auszusortieren, sorgte bereits früher für einen Aufschrei im Web. In einer Art Razzia schmiss das Unternehmen Anfang des Jahres zahlreiche Apps aus dem App Store, da diese angeblich unpassende sexuelle Anspielungen beinhaltet hätten. Als Grund gab man an, dass sich einige Nutzer darüber beschwert hätten. Auf Tates Antwort, dass Pornografie für ihn und seine Frau ok wären (ob diese darüber erfreut war, in die Diskussion eingebunden zu werden, steht auf einem anderen Blatt) meinte Jobs, dass Tate sich über Pornos vielleicht mehr Sorgen machen würde, wenn er Kinder hätte. Im App Store wird jede Anwendung mit einer Altersempfehlung versehen, außerdem steht eine kurze Erklärung dabei ob die Anwendung eventuell erotische Anspielungen oder obszöne Sprache beinhaltet. Offenbar reicht es für Apple aber nicht aus, dass Eltern aufgrund dieser Informationen selbst die iPhone- und iPad-Nutzung ihrer Kinder beaufsichtigen können.

"Niemand muss für das iPad entwickeln"

Tate kritisierte außerdem, dass Entwickler keine auf Flash-basierten Anwendungen schreiben können und gezwungen seien native Cocoa-Programme schreiben. Jobs kühle Antwort darauf: niemand werde gezwungen überhaupt für das iPad Apps zu schreiben, aber die Publisher würden es eben gerne wollen. "Es gibt fast 200.000 Apps im App Store, also irgendwas muss wohl stimmen", so Jobs. Danach geriet die Diskussion etwas aus den Fugen und endete mit Jobs säuerlicher, letzter Antwort: "Und überhaupt, was hast du großartiges getan? Erschaffst du irgendwas, oder kritisierst du nur die Arbeit anderer und schmälerst deren Motivation?"

Echter oder Fake Steve?

Jobs E-Mail-Antworten haben bereits eine eigene Berühmtheit erlangt. Ob hinter der Adresse sjobs@apple.com tatsächlich der ebenso charismatische wie kontrollierende Unternehmens-Mitgründer steht, will man bei Apple weder bestätigen noch dementieren. In den vergangenen Wochen und Monaten hat Apple die E-Mail-Adresse jedenfalls dafür benutzt, um kleine Informationshäppchen über neue Funktionen von iPhone OS und ähnliches zu servieren. Laut Spiegel Online gibt es Belege dafür, dass Jobs zumindest teilweise tatsächlich Urheber der E-Mails ist. Aus Polizeiprotokollen zum Fall des verloren gegangenen und Gizmodo in die Hände gespielten iPhone 4G-Prototypen gehe hervor, dass Jobs persönlich Gizmodo-Blogger Brian Lam kontaktiert habe. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass ein Mitarbeiter die E-Mails an Jobs offizielle Adresse durchsieht und aussortiert an den CEO weiterleitet. Es ist wohl ein weiteres Puzzelteilchen in Apples PR-Strategie, die nicht auf Informieren sondern Mystifizieren beruht. (br/derStandard.at, 17. April 2010)