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Symbolfoto: Eine Frau telefoniert im Teheraner Gefängnis Evin.

Symbolfoto: AP

Sie wollte zur Schule gehen und später studieren. Er war Lehrer und liebte seine Arbeit. Shirin und Farhad. Sie haben sich nie kennengelernt, nur ihr Tod hat sie verbunden. Shirin und Farhad, diese Namen sind allen Iranerinnen und Iranern geläufig: bisher nur als Liebende aus einem Gedicht des großen iranischen Dichters Nezami, die am Ende nach einer Verleumdung ihr Leben verlieren.

Aber nun, 800 Jahre später, sind es wieder Shirin und Farhad, zwei junge Leute, die - neben drei anderen Iranern - im Ewin-Gefängnis für die Freiheit starben, nach unbewiesenen Anschuldigungen. Ihre Namen sind eine neue Quelle der Inspiration für die Opposition.

Trotz der Hinrichtungen bekommen die Behörden die Lage nicht unter Kontrolle. Die Unsicherheit macht sich auf allen Regierungsebenen bemerkbar und verleitet die Machthaber zu Handlungen, die oft eher Komödien-Charakter haben: wie die zuletzt verordneten zwei öffentlichen Feiertage, die wegen einer Tagung in Teheran ausgerufen, dann widerrufen, dann wieder bestätigt wurden.

Die Komödie passt so gar nicht zur Hinrichtung von fünf jungen Menschen. Die Exekutionen kurz vor dem Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl sind nach Meinung der politischen Beobachter eine Warnung an die Opposition. Man rechnet mit noch mehr Hinrichtungen in den nächsten Tagen. Die Opposition hofft zumindest auf eine große Resonanz im Ausland.

Diese Hinrichtungen haben jedoch zum ersten Mal nach der Revolution vor 31 Jahren zu einem Generalstreik in den kurdischen Gebieten des Iran geführt. Auch in vielen anderen iranischen Städten weigerten sich Schülerinnen und Schüler am Unterricht teilzunehmen, als Zeichen der Solidarität.

In Teheran und anderen iranischen Universitäten demonstrierten Studenten und eine Welle der Sympathie für die Familien der Getöteten umfasste das ganze Land. Aus Sorge vor weiteren Unruhen bei den Beerdigungen haben die Behörden die Leichen ihren Familien noch immer nicht ausgehändigt. Sogar ein Treffen der Hinterbliebenen in der Teheraner Universität wurde untersagt. Vor den Häusern der betroffenen Familien versammelten sich jedoch trotzdem Menschen und gedachten ihrer neuen Märtyrer.

Shirin und Farhad, Neda, Sohrab und viele andere Namen derer, die seit der Präsidentenwahl vor fast einem Jahr ums Leben kamen, kann man aus dem Gedächtnis der Iranerinnen und Iraner nicht mehr ausradieren. Die Liste wird jedoch immer länger. (M.M. aus Teheran, derStandard.at, 16.5.2010)