ÖVP-General Kaltenegger verteidigt die Entscheidung, Griechenland zu helfen und den Euro zu stützen, gegen Kritik der Opposition. Und er stimmt auf ein Sparprogramm ein

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Standard: Die Koalition scheint sich ja sehr einig zu sein, dass man Steuergeld in die Hand nehmen muss, um Griechenland und den Euro zu retten. Aber hat nicht die Opposition mit dem Vorwurf recht, dass die Vorgangsweise alles andere als demokratisch war?

Kaltenegger: Es stimmt: In der Regierung gibt es völlige Einigkeit, was Griechenland betrifft. Und auch darüber, dass wir den Märkten Einigkeit signalisieren: Wir werden jeden Angriff auf unseren Euro abwehren - auch, weil wir Österreicher unsere Sparguthaben abgesichert haben wollen.

Standard: Aber in all das ist das Parlament nicht eingebunden?

Kaltenegger: Josef Pröll hat sofort die Parlamentsparteien informiert und steht auch im Finanzausschuss Rede und Antwort.

Standard: Das war im Nachhinein, mit zwei Tagen Verspätung! Die Entscheidungen sind doch abgehoben auf höchster Ebene gefallen?

Kaltenegger: Letztes Wochenende war Feuer am Dach, die Finanzminister mussten agieren. Es war sehr verantwortungsvoll zu handeln - und danach in einer Sonderpräsidiale das Parlament zu informieren.

Standard: Die FPÖ erinnert in diesem Zusammenhang an ihr Schilling-Volksbegehren aus dem Jahr 1997 - manche meinen ja, dass wir uns das alles erspart hätten, wenn es keinen Euro gäbe?

Kaltenegger: Es gibt keinen einzigen Ökonomen, der darin irgendeine wirtschaftliche Vernunft sehen würde. Das ist billigster Populismus. Ich darf die Freiheitlichen schon daran erinnern, dass sie dafür verantwortlich sind, dass wir eine Bank, die Hypo Alpe Adria, verstaatlichen mussten. Da sollten sie sich alle miteinander an der Nase nehmen und schämen.

Standard: Nun kommen ja möglicherweise bayerische Schadenersatzforderungen hinzu. Für die müssen womöglich auch Steuerzahler geradestehen?

Kaltenegger: Hier ist wichtig, dass geklärt wird, wer verantwortlich war und wer zur Rechenschaft gezogen werden muss. Aber jedenfalls haben die Freiheitlichen allen Anlass, nicht Parteipolitik, sondern österreichische Interessen in den Vordergrund zu stellen.

Standard: Ist es denn im österreichischen Interesse, dass Österreich Griechenland ein Darlehen gewährt, das der Höhe nach etwa dem entspricht, was Griechenland jüngst für sechs französische Fregatten ausgegeben hat? Subventionieren wir da nicht eher die europäische Rüstungsindustrie?

Kaltenegger: Griechenland hat sich hemmungslos überschuldet. Das war der Grund, warum Spekulanten überhaupt einen Angriffspunkt gefunden haben. Harte Sparmaßnahmen sind ja die Bedingungen für Griechenland - und ich gehe davon aus, dass auch sinnlose Rüstungsausgaben eingeschränkt werden. Die Sparmaßnahmen sind aber auch ein warnendes Beispiel für Österreich: Wir müssen jetzt sparen, sparen, sparen - damit nicht eines Tages andere unsere Souveränität untergraben und uns sagen, wofür wir Geld ausgeben dürfen und wofür nicht. Wir geben ja heute schon mehr für die Zinslast aus, als wir in Bildung investieren.

Standard: Sie predigen "sparen, sparen, sparen" - aber auch ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl klagt, dass es keine konkreten Sparpläne, dafür aber Steuerpläne gibt. Er beklagt wohl zu Recht, dass sich mehr und mehr ÖVP-Politiker für höhere Steuern erwärmen?

Kaltenegger: Es ist leider die SPÖ, die auf der Steuererhöhungs-schiene fährt - ich warne davor, nicht zuerst die Strukturen in Ordnung zu bringen. Ich habe überhaupt keine Freude damit, wenn sich Leute aus der ÖVP an der Steuerdebatte beteiligen.

Standard: Sparen tut aber nicht weniger weh als Steuererhöhung?

Kaltenegger: Es wird harte Einschnitte geben müssen, wir werden die eine oder andere liebgewonnene österreichische Spezialität wie die Hacklerregelung oder das frühe Pensionsalter der Eisenbahner auslaufen lassen. Da wird es gesellschaftlichen Zusammenhalt brauchen - und selbstverständlich werden jene einen größeren Beitrag leisten müssen, die sich etwas mehr leisten können. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.5.2010)