amburg - Bei Tumorerkrankungen und Metastasen der Leber ist die Entfernung großer Teile des Organs noch immer die einzige Therapie, die Erfolg verspricht. Ein Hindernis stellen aber oft der individuell unterschiedliche Aufbau des Organs und die Lage des Tumors dar. Mit Hilfe spezieller 3D-Software erstellen Chirurgen am Asklepios Klinikum Barmbek vor einer Operation exakte Modelle, die zeigen, wo und wie operiert werden muss. Der Erfolg gibt dem Einsatz des Computers im Operationssaal recht und gibt Anlass zur Hoffnung, wie die Experten Karl-J. Oldhafer und Gregor A. Stavrou im aktuellen Leitartikel der Ärzte-zeitschrift „medtropole" ausführen.

In den vergangenen 20 Jahren erzielte die Leberchirurgie deutliche Fortschritte: Patienten mit Leberkrebs überleben länger und die Sterblichkeit bei Operationen ist gering. Dennoch steigt das Risiko, nach einer Operation an Leberversagen zu sterben, mit dem Ausmaß des entfernten Gewebes. Das Problem: Anhand computertomographischer Aufnahmen allein können die Mediziner vorab nicht erkennen, wie viel Gewebe sie letztlich entfernen müssen. Die exakte Planung des Eingriffs ist daher für das Ergebnis ebenso wichtig wie die Erfahrung des Operateurs. Aus diesem Grund hat die computerunterstützte Planung am Zentrum für Hepatobiliäre Chirurgie der Asklepios Klinik Barmbek heute einen großen Stellenwert.

25 Prozent der Leber müssen erhalten bleiben

Um nach der Operation ausreichend funktionieren zu können, muss eine menschliche Leber noch rund 25 Prozent ihres urprünglichen Gewebes aufweisen. Gleichzeitig ist aber auch die Durchblutung entscheidend, denn die Leber ist nicht überall gleich stark von Gefäßen durchzogen. Deshalb muss schon vor der Operation geklärt werden, welche Gefäße in Mitleidenschaft gezogen und gegebenenfalls ersetzt werden müssen. Je mehr schlecht durchblutete Bezirke nach einer Operation übrig bleiben, desto schlechter sind die Aussichten für den Patienten.

Die dreidimensionale Operationsplanung bietet den Operateuren die entscheidende Verbesserung. Das Programm erstellt einen individuellen Vorschlag, welche Teile der Leber entnommen werden können und sollten. Aus den Computertomographie-Schichtaufnahmen errechnet die Software ein dreidimensionales Modell der Leber, das den Tumor und die Gefäße zeigt. Auf dieser Grundlage wird die optimale Schnittführung für die Chirurgen ermittelt, die einerseits den Krebs weiträumig entfernt, andererseits aber eine funktionstüchtige Restleber belässt. Ist absehbar, dass weniger gut durchblutete Bereiche übrig bleiben müssen, setzen die Chirurgen schon während der Operation eine körpereigene Vene an dieser Stelle ein, die die Versorgung übernimmt. Auch bei erneuten Eingriffen an bereits operierten Lebern ist die Planung mit dem Computer hilfreich. Denn diese teilweise radikal operierten Organe besitzen überhaupt keine typische Anatomie mehr, sind also besonders schwer einzuschätzen.

Mehr Sicherheit für die Patienten

Eine Analyse eigener Daten aus den Jahren 2005 bis 2007 ergab, dass bei allen computer-analysierten Tumoroperationen an der Leber die Sicherheit sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte stieg. Keiner der Patienten starb nach der Operation an Leberversagen.

Trotz ausgefeilter Planung bleibt die Umsetzung der vom Computer vorgegebenen, optimalen Schnitte im Weichgewebe der Leber eine schwierige Aufgabe für die Mediziner. In der Asklepios Klinik Barmbek setzen sie deshalb ein neues Navigationssystem für die Leberchirurgie ein, das sich die Fortschritte der 3D-Operationsplanung zunutze macht. Die im Computer entstandene Gefäßlandkarte lässt sich über einen stereotaktisch navigierten Ultraschallkopf während der Operation mit dem Gewebe abgleichen. Mit dem so genannten Ultraschalldissektor können die Chirurgen so das kranke Gewebe exakt auf der geplanten Linie entfernen. Der Dissektor arbeitet damit als eine Art schonendes Skalpell und trägt Gewebe mit Ultraschall ab.

Unsichtbare Metastasen

Auch bei Patienten mit Metastasen eines Darmkrebses kann in besonderen Fällen der Computer helfen: Zwar hat bei ihnen die Chemotherapie so gut gewirkt, dass die Metastasen nicht mehr sichtbar sind. Doch ist die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall hoch, und Metastasen existieren oft noch, obwohl sie nicht mehr darstellbar sind. Die computerassistierte Chirurgie kann auch dieses Dilemma lösen, indem sie die CT-Daten vor und nach der Chemotherapie abgleicht, fusioniert und daraus einen Operationsvorschlag ableitet. (red)